Psychologische Erste Hilfe

Grüne Fraktion: "Wann, wenn nicht jetzt?"

Die Pandemie habe nicht nur unser aller Leben verändert. Sie habe auch die Schwachstellen unserer gesellschaftlichen Organisation aufgezeigt. Sie habe uns unsere Verwundbarkeit und Verletzlichkeit vor Augen geführt, so die Grünen in einer Aussendung an die Presse.

Zur Einrichtung einer psychologischen Erste Hilfe sagen die Grünen: "Wann, wenn nicht jetzt?"

Bereits in den ersten Landtagssitzungen nach dem Ersten Lockdown habe die grüne Fraktion darauf aufmerksam gemacht, dass die Kontaktreduktion, die Einsamkeit, das Ausfallen von Routinen, die Belastungszunahme, Angst und Trauer etc. zu vermehrten seelischen Problemen führen könnten.

Damals habe es von Seiten der Landesregierung geheißen, dass bereits genug getan würde und dass keine Potenzierung der Dienste, auch nicht der niederschwelligen und dezentralen, nötig sei.

Je länger die Krise aber andauere, desto deutlicher werde der psychische Notstand vieler Menschen. "Laut Astat-Studie vom Jänner 2021 ist die allgemeine Stimmung der Bevölkerung deutlich schlechter als noch vor einem Jahr. Wir hören vom Anstieg von Suchtproblemen und Essstörungen. Die Beratertätigkeit der Fachstelle für Essstörungen INFES hat im Jahr 2020 um 20% zugenommen. Sieht man sich nur das letzte Jahresdrittel an, handelt es sich um einen Anstieg von 30%. Angesichts dieser Situation haben wir beschlossen, im Landtag den Beschlussantrag zur Einrichtung einer 'Psychologischen Ersten Hilfe' vorzulegen", so die Fraktionsvorsitzende Brigitte Foppa.

Wenn man mit einem medizinischen Notfall konfrontiert sei, begebe man sich entweder zum Hausarzt/zur Hausärztin oder in die Notaufnahme eines der Südtiroler Krankenhäuser. Dabei gehe es fast immer um körperliche Beschwerden. Für sehr schwierige psychische Situationen seien die psychiatrischen Abteilungen zuständig.

Neben diesen genannten Problematiken gebe es aber viele weitere Problemsituationen, in denen sich ein Mensch jeder Altersstufe plötzlich und unerwartet wiederfinden kann: Panik- oder Angstzustände, Suizidgedanken, Krisensituationen, die mit Sucht und Entzug zusammenhängen, Traumata und posttraumatische Stresssituationen, Mobbing, depressive Verstimmungen, Burnout, Zuspitzungen von Partnerschafts-, Familien-, Verlassenheitsproblemen, Aggression, Todesfälle etc.

Oftmals wüssten Menschen in einer akuten psychischen Notsituation nicht, an wen sie sich wenden können. In den Notaufnahmen der Krankenhäuser sei die Besetzung durch Psycholog/innen äußerst dürftig und wenn überhaupt, nur in bestimmten Tageszeiten präsent. Dabei sei der Anteil von Menschen, die sich aus einer solchen Situation heraus in Notaufnahmen begeben (also nicht aus einer medizinischen Indikation heraus), nicht zu unterschätzen.

In verschiedenen Städten sei aus diesen Überlegungen heraus eine psychologische Erste Hilfe (Pronto Soccorso Psicologico) eingerichtet worden. Ein Beispiel sei der Pronto Soccorso Psicologico (PSP) in Rom, eine soziosanitäre Einrichtung, die täglich, auch am Wochenende, für Bürgerinnen und Bürger in psychischen Notsituationen offen und frei zugänglich sei. Der Dienst könne von allen Menschen, jenseits der Ansässigkeit und ohne Voranmeldung in Anspruch genommen werden. Es werde ein Beitrag eingehoben, der unter dem normalen Ticket für Sanitätsleistungen liege.

Die anwesenden Expert/innen geben eine Erstberatung und leiten gegebenermaßen an die psychiatrischen Abteilungen oder andere Einrichtungen weiter. Wichtig sei aber vor allem das niederschwellige Gesprächsangebot, das in solchen Fällen von erstrangiger Bedeutung sei.

Gerade in unserem Land, in dem es so viele Fälle von psychischen Problematiken, bis hin zu Suizid und Aggressionsausübung gebe, scheine dringender Handlungsbedarf gegeben.

Der Antrag sehe daher vor, dass die Landesregierung

  • die Notwendigkeit und Möglichkeit der Einrichtung einer psychologischen Ersten Hilfe  prüfen soll;
  • in den Notaufnahmen der wichtigsten Krankenhäuser eine 24h-Besetzung durch spezialisierte Psycholog/innen vorgesehen wird, evtl. auch im Rahmen von Pilotprojekten;
  • die Möglichkeit einer kontinuierlichen psychologischen Präsenz auch für andere Einrichtungen wie Seniorenwohnheime, Langzeitpflegeeinrichtungen etc. gibt.

"Wann, wenn nicht jetzt?", fragen die Grünen abschließend.

VOX News Südtirol / nb