In der Beschwerde an die EU-Kommission wird der eklatante Vorfall rechtlich aufgearbeitet. Zur Frage, welche nationale Maßnahme gegen das EU-Recht verstößt und warum, ist in der Beschwerde zu lesen:
"Punkt 10 der Dringlichkeitsmaßnahme des Landeshauptmannes bei Gefahr im Verzug Nr. 6 vom 04.02.2022 diskriminiert EU-Bürger aus einem ausländischen Staat, da ihr (digitales) EU-COVID-Impfzertifikat mit Wirkung ab 4. Februar 2022 nur mehr eine Gültigkeitsdauer von 6 Monaten hat. Der Geimpften-Status ist für diese EU-Bürger mit sofortiger Wirkung verfallen, obwohl das (digitale) EU-COVID-Impfzertifikat in allen anderen Mitgliedsländern der EU eine Gültigkeit (wie von der EU-Kommission festgelegt und mittels Vorschrift vorgeschrieben) von 9 Monaten hat. Damit Personen aus einem ausländischen Staat mit einem nur in Italien verfallenen Zertifikat auf italienischem Staatsgebiet jenen gleichberechtigten Zugang zu Dienstleistungen und Aktivitäten erhalten, welcher mit einem gültigen Geimpften- und Genesen-Status (2G-Nachweis bzw. ital. Super Green Pass) möglich ist, müssen diese zusätzlich (und in der Provinz Bozen – Südtirol mit einer Zuzahlung von 15.- Euro zum Beispiel an Apotheken) eine Bescheinigung für einen gültigen negativen Antigen-Schnelltest für jeweils 48 Stunden oder einen molekularen Test (PCR) für jeweils 72 Stunden vorlegen. Geschieht dies nicht, gelten EU-COVID-Impfzertifikat-Inhaber aus einem ausländischen Staat, nach dem Ablauf von 6 Monaten, als ungeimpft und ihnen wird der Zugang zu allen Dienstleistungen und Aktivitäten verwehrt. Umgekehrt stellt die 6-Monate-Befristung des EU-COVID-Impfzertifikates für Bürger mit Wohnsitz in Italien ebenso eine Diskriminierung ihrer EU-Rechte dar. Denn die italienischen Wohnsitz-Bürger können nicht mehr von der Vorschrift der EU-Kommission profitieren, welche eine verbindliche Gültigkeit des EU-COVID-Impfzertifikates von insgesamt 9 Monaten vorsehen würde."
In der Beschwerde an die EU-Kommission wird auch der Vorfall am vergangenen Samstag in einer Meraner Bäckerei-Cafeteria in der Freiheitsstraße detailliert geschildert. Hierzu ist zu lesen:
"Der Beschwerdesteller schloss als sogenannter Auslandsitaliener mit festem italienischem Wohnsitz in (...) am 01.07.2021 mit dem COVID-19-Impfstoff Janssen® von Johnson & Johnson seinen Impfzyklus ab und erhielt vom Gesundheitsministerium der (...) sein (digitales) EU-COVID-Impfzertifikat ausgestellt. Am 05.02.2022 hielt sich der Beschwerdesteller rechtmäßig in (...) Meran (Provinz Bozen – Südtirol) auf und wollte gegen 11:20 Uhr in einer Bäckerei-Cafeteria ein Frühstück einnehmen. Der Beschwerdesteller verfügte zudem über ein ausgestelltes amtliches Zertifikat über ein am 02.02.2022, um 11:46 Uhr, in (...), vor seiner Abreise nach Italien, durchgeführten SARS-CoV-2-RT-PCR-Testes, mit negativem Ergebnis. Bei der Kontrolle der Gültigkeit des digitalen EU-COVID-Impfzertifikates zeigte der Scanner des betreffenden Betriebes ein ungültiges COVID-Impfzertifikat an. Trotz der Vorlage des negativen PCR-Test-Ergebnisses wurde dem Beschwerdeführer der Zugang zur Dienstleistung (Kauf und Verzehr von Speisen) verwehrt. Die Mitarbeiter des Betriebes forderten zudem zur Durchsetzung der Zugangsverweigerung für den Beschwerdesteller Hilfe durch die lokale Ortspolizei an. Diese wurde mit drei Beamten vorstellig und bestätigte dem Beschwerdeführer, dass er im Recht sei. Dennoch konnte er die Dienstleistung nicht erhalten, denn um 11:47 Uhr war sein bisher gültiges PCR-Testzertifikat durch Ablauf der 72-Stunden-Gültigkeit bereits verfallen."
Zur Frage ob die Beschwerde an die EU-Kommission auch einen Verstoß gegen die EU-Charta der Grundrechte darstellt, wird in der Beschwerde festgehalten:
"Der Verstoß ist sicher auch ein Verstoß gegen die EU-Charta der Grundrechte (z.B. Artikel 1, 6, 20 und insbesondere 45). Es handelt sich aber beim vorliegenden Verstoß vorwiegend um eine Verletzung einer Vorschrift der EU-Kommission. Fakt ist: Über die Maßnahme des Landeshauptmannes der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol (Verordnung Nr. 6 vom 04.02.2022) werden rund 388 Millionen Bürger der EU bei einem Besuch in der Autonomen Provinz Bozen diskriminiert, da – sollte ihr EU-COVID-Impfzertifikat älter als 6 Monate sein – sie innerhalb des italienischen Staatsgebietes und in der Provinz Bozen de facto als 'ungeimpft' eingestuft werden. Dies, obwohl in allen anderen Ländern der EU das bezeichnete Impfzertifikat noch weitere 3 Monate Gültigkeit hat. Eine in der EU beispiellose Diskriminierung erleben auch die 59,55 Millionen EU-Bürger innerhalb der Italienischen Republik, welche nach dem Ablauf von 6 Monaten innerhalb des italienischen Staatsgebietes nicht mehr von der verbindenden Gültigkeit ihres EU-COVID-Zertifikates von 9 Monaten profitieren können und auf diese Weise gezwungen werden sich mittels einer COVID-Auffrischimpfung vor Ablauf des 6. Monats der Gültigkeit des Impfzertifikates freizuboostern. Die Möglichkeit der Vorlage eines gültigen negativen Antigen-Schnelltestes oder eines molekularen PCR-Testes, wie es laut Punkt 10 der genannten Verordnung in eklatant diskriminierender Weise für "Personen aus einem ausländischen Staat" möglich ist, um den – zeitbefristet für die Gültigkeit der jeweiligen Tests – sogenannten 2G-Status (geimpft oder genesen) aufrecht zu erhalten, haben diese 59,55 Millionen EU-Bürger in der Provinz Bozen und im restlichen italienischen Staatsgebiet nicht."
Auf die Rückfrage von VOX NEWS Südtirol, ob dem Betroffenen nicht ein anderer (auch nationaler) Rechtsbehelf zur Verfügung gestanden hätte, antwortet dieser:
"Zusammen mit meinem Rechtsanwalt Boris Dubini haben wir mehrere Möglichkeiten abgewogen. Tatsache ist, um mit meinem in Italien verfallenen EU-COVID-Impfzertifikat Zugang zu allen Dienstleistungen und Aktivitäten zu haben, welche gültig Geimpfte und anerkannt Genesene haben, bin ich darauf angewiesen, jedenfalls so ist es innerhalb von Südtirol, unter Zuzahlung von 15.- Euro je Antigen-Test, für die Zeit von 48 Stunden, oder einem molekularen PCR-Test, für die Zeit von 72 Stunden, ein negatives Testergebnis vorzuweisen. Auch diese Zuzahlung von 15.- Euro je Test stellt eine massive Diskriminierung und Ungleichbehandlung von 'Personen aus einem ausländischen Staat' dar, zumal das EU-COVID-Impfzertifikat eigentlich in der gesamten EU eine verbindliche Gültigkeit von 9 Monaten hätte. Und wir haben festgestellt, dass es in Italien keinen geeigneten Rechtsbehelf gibt, welcher innerhalb der eigentlichen Gültigkeit von 9 Monaten des EU-COVID-Zertifikates (effektiv sind es nur mehr knapp 3 Monate Gültigkeit) die vorliegende Diskriminierung abstellt und beseitigt."