Bei abgelehnten Anträgen seitens der Sozialsprengel in Südtirol haben die abgelehnten Antragssteller Einspruchs- und Rekursmöglichkeiten. Innerhalb einer Frist von 45 Tagen, ab Erhalt des Ablehnungsbescheides, können die abgelehnten Antragsteller bei der Abteilung Soziales, Sektion für Einsprüche, Einspruch erheben, außer für die Kürzung oder Ablehnung wegen fehlender oder unzureichender persönlicher Aktivierung für den Unterhalt der Familiengemeinschaft (Art. 19, Abs. 7 und 7/bis, DHL 30/2000), und für die Ablehnung wegen Unterbrechung des ständigen Aufenthaltes in der Provinz Bozen (Art. 17, DLH 30/2000). Aufrecht bleibt auch die Möglichkeit eines Rekurses innerhalb von 60 Tagen ab Erhalt des Ablehnungsbescheides beim Verwaltungsgericht – Autonome Sektion für die Provinz Bozen.
Diese Fristen setzen aber voraus, dass der abgelehnte Antragssteller das genaue Zustellungsdatum des Ablehnungsbescheides nachweisen kann. Recherchen von VOX NEWS Südtirol haben ergeben, dass der Sozialsprengel Meran die Ablehnungsschreiben den (abgelehnten) Antragsstellern ganz grundsätzlich über eine normale Postsendung zustellt. Diese Verfahrensweise führt dazu, dass der (abgelehnte) Antragsteller letztendlich keinen Nachweis darüber hat, wann die Zustellung des Ablehnungsbescheides erfolgt ist.
Einzige Möglichkeit den Nachweis über die Zustellung zu erhalten, bietet die Zustellung mittels Einschreiben oder – allein gerichtsverwertbar – die förmliche Zustellung der Mitteilung über den Gerichtsvollzieher mittels direkter persönlicher Aushändigung oder Zustellung auf dem Postweg durch sogenannte Gerichtspost (grüne Briefumschläge).
Wie im Fall von Viktor Franz (Name von der Redaktion geändert) festgehalten (lesen Sie hierzu den Leitartikel), hat der Sozialsprengel Meran das Ablehnungsschreiben bei der italienischen Post mittels gewöhnlicher Postwurfsendung aufgegeben. Für den Empfänger gibt es somit keinen rechtsverbindlichen Nachweis über das genaue Zustellungsdatum. Den einzigen wirklichen Anhaltspunkt den der Betroffene hat, ist das Datum der Briefaufgabe. Im konkreten Fall des Ablehnungsschreibens für den Antrag von Franz Viktor war dies der 13. Mai 2020. Wie der belegte und dokumentierte Fall zeigt, wurde das Schreiben des Sozialsprengels (von Meran nach Meran) erst nach 30 Tagen, konkret am 12. Juni 2020, zugestellt. Ohne Nachweis für die erfolgte Zustellung war Viktor Franz gezwungen die Einspruchsfrist am ihm einzig zur Verfügung stehenden Datum zu binden: konkret dem Datum der Aufgabe der Postsendung (Datum des Poststempels 13.05.2021).
Mit diesem als Taschenspielertrick einer öffentlichen Verwaltung zu bezeichnenden inkorrekten und falschen Vorgangsweise wird den Antragsstellern ein wesentlicher Zeitraum ihrer Einspruchsfrist unterschlagen. Im konkreten Fall von Franz Viktor hatte dieser nur mehr 15 Tage für einen Einspruch zur Verfügung. Im schlimmsten der anzunehmenden Fälle, angesichts der schlecht und langsam funktionierenden Briefzustellung durch die "Poste Italiane" (30 Tage für eine Standardbriefzustellung innerhalb derselben Stadt!!), wird dem Betroffen die Mitteilung nach 45 Tagen nach Aufgabe des Briefes zugestellt. In diesem Fall hat der Betroffenen dann überhaupt keine Möglichkeit mehr bei der Sektion Einsprüche der Landesabteilung für Soziales einen Einspruch vorzunehmen.
Auch aus rechtlicher Sicht kann und muss bezweifelt werden, ob die Vorgangsweise des Sozialsprengels rechtskonform ist. Wenn der betroffene Bürger nicht den Nachweis über das Datum der erfolgten Zustellung erbringen kann, so wie es auch vom Gesetz für fristgerechte Einsprüche vorgesehenen ist, weil die öffentliche Verwaltung – absichtlich oder nicht – schlampt bzw. einen Fehler in der Zustellung macht, sollte auch die im Briefumschlag enthaltene Maßnahme als ungültig betrachtet werden können. Allenfalls stellt die vom Sozialsprengel Meran durchgeführte Zustellungsweise ganz klar eine Verletzung des innerhalb der Europäischen Union garantierten Rechtes auf einen wirksamen Rechtsbehelf dar, zumal der Betroffene die ihm vom Gesetzgeber garantierte Einspruchsfrist nicht im vollem Umfang ausschöpfen kann.
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