Viktor Franz (Name der Redaktion geändert) hat gegen seinen vom Sozialsprengel Meran abgelehnten Antrag um Sondermietbeitrag COVID-19 und dem dazugehörenden Sonderbeitrag für Wohnungsnebenkosten Einspruch eingereicht. Hierzu hat Viktor Franz bei der innerhalb der Landesabteilung Soziales eingerichteten "Sektion Einsprüche" Einspruch getätigt. Nach knapp vier Monaten wurde Viktor Franz die Entscheidung über seinen Einspruch mitgeteilt. Der Einspruch wurde abgelehnt. Viktor Franz wundert sich über die Vorgangs- und Verfahrensweise. Weder hatte er vor der Entscheidung Akteneinsicht, noch wurde er als Einspruchssteller von der "Sektion Einsprüche" persönlich angehört.
Tatsache ist, jeder Bürger hat innerhalb der Europäischen Union Grundrechte auch hinsichtlich der Funktionsweise der öffentlichen Verwaltung. So regelt der Artikel 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union hinsichtlich des genannten "Rechtes auf eine gute Verwaltung" für jeden Bürger innerhalb der Union Folgendes:
(1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden.
(2) Dieses Recht umfasst insbesondere
a) das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird,
b) das Recht jeder Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des berechtigten Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses,
c) die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.
Was die Verfahrensweise innerhalb der "Sektion Einsprüche" betrifft, so kennt der Betroffene weder die Namen der über ihn entscheidenden "Richter" (Entscheider) innerhalb dieser Einspruchsstelle, noch dessen juristische Qualifikation, noch hat der Betroffene das Recht persönlich zu seinem Fall angehört zu werden, noch wird dem Betroffenen ein Datum mitgeteilt, wann die Einspruchsstelle seinen Fall behandelt und über diesen entscheidet. Zu diesen Rechten, die wie aufgezeigt allesamt zum "Recht auf eine gute Verwaltung" gehören, gehört auch das Recht jeder Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten. All das gibt es bei dieser von der Südtiroler Landesverwaltung eingerichteten "internen Einspruchsstelle" nicht.
Der Bürger schickt ein paar Unterlagen an die Einspruchsstelle und als nächsten Schritt wird der Bürger über den Ausgang seines Einspruchs informiert. Insgesamt hat das nichts mit all dem zu tun, was in der genannten EU-Grundrechtscharta unter dem "Recht auf eine gute Verwaltung" verstanden wird.
Und überhaupt, wie unabhängig und unparteiisch kann eine Einspruchsstelle sein, die innerhalb jener Landesabteilung eingerichtet ist, die im Grunde für die Umsetzung der vom Land selbst beschlossenen sozialen Hilfsleistungen an Bürger zuständig ist?
Eine der wesentlichen Säulen eines demokratischen Rechtsstaates ist die Gewaltenteilung. Was hier jedoch innerhalb der Südtiroler Landesverwaltung im Bereich dieser "Sektion Einsprüche" geschieht, hat nichts, aber wirklich nichts mit den grundsätzlichsten Prinzipien eines demokratischen Rechtsstaates zu tun. Die "Sektion Einsprüche" gehört zur Landesabteilung für Soziales und das bedeutet letztlich nichts anderes, dass Legislative (Waltraud Deeg und Landesregierung), Exekutive (Landesabteilung und Landesverwaltung) und Judikative (Sektion Einsprüche) sich unter einem Dach und unter einer gemeinsamen Abhängigkeit befinden.
Besonders schwerwiegend dabei ist, dass den Einspruchsleistenden innerhalb der "Sektion Einsprüche" das Recht versagt wird, persönlich gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird. Für die betroffenen Einspruchswerber gibt es somit nach der Eingabe ihres Einspruchs nur mehr eine Möglichkeit, das Warten auf die Mitteilung mit der von der Sektion Einsprüche getroffenen Entscheidung.
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