Urteil: Klage gegen Volksabstimmungs-Promotoren unzulässig

Im Bildausschnitt: Johannes Fragner-UnterpertingerVier Jahre lang musste er ertragen, verhöhnt zu werden, weil er mit der Umfrage zu den Pestiziden in Mals laut erstem Gerichtsurteil des Landesgerichtes 2016 im Unrecht war. Johannes Fragner-Unterpertinger ist der Sprecher des Promotorenkomitees in Mals. 2014 entschieden sich einige Malser Bürger, mit Pestiziden - wie und in welcher Menge sie üblicherweise in der Landwirtschaft eingesetzt werden - nicht mehr einverstanden zu sein und etwas dagegen zu unternehmen. Es gab damals aus dem Lager der Pestizid einsetzenden Landwirtschaft keinen Massenauflauf, keine zweifelhaften Traktorenmärsche und keine ausufernden Heugabelangriffe gegen die Initiatoren. Diese sammelten Unterschriften und organisierten in zivilisierter und demokratischer Form eine geregelte Volksabstimmung. Die Fragen dazu wurden zuvor von einer externen dreiköpfigen Expertenkommission geprüft und abgesegnet. Das eigentliche Problem aber scheint für die Malser Bauern das Ergebnis des Volksbegehrens gewesen zu sein: bei einer Wahlbeteiligung von 69,22 Prozent sprachen sich ganze 75,68 Prozent für ein pestizidfreies Mals aus, also eine unverschämt klare Mehrheit. Der Gegenangriff der Volksabstimmungsgegner folgte stante pede und dies unter mehrfacher Ausnützung des Rechtsweges. 141 Landwirte und Grundeigentümer klagten gegen die Gemeinde und gegen das Promotorenkomitee, als auch gegen Johannes Fragner-Unterpertinger und die drei Experten der Kommission als Privatpersonen. Die Volksabstimmung würde der Bauern Existenz gefährden, und außerdem hätte man gegen nationale und Richtlinien der EU verstoßen. Ein Zivilrichter am Landesgericht Bozen hat in erster Instanz die Argumente der klagenden Bauern und Grundeigentümer so weitgehend bestätigt und somit den Klägern Recht gegeben. Die Unterschriftensammlung und die Volksabstimmung seien illegal gewesen. Wie Johannes Fragner-Unterpertinger über Facebook schreibt, habe er daraufhin fünf Jahre lang zu hören bekommen: "Ihr habt eine unzulässige Volksabstimmung abgehalten in Mals." Alle Regierungsämter, die meisten Medien und vor allem die Bauernvertreter hätten ohne großen Überlegungen, "wie es räuspert und spuckt, es glücklich einfach abgeguckt", nachgebetet und draufgestiegen. Lieb und brav geworden sei der Sprecher des Promotorenkomitees deshalb nicht. So habe er seine Meinung öffentlich kundgetan, wie er auf Facebook schreibt: dass er der Südtiroler Justiz nicht traue, dass das ganze ein Affentheater wäre, eine bizarre Mischung aus Terror und Unsinn und eine "Menschenhatz", die in keinem anderen zivilisierten Land Mitteleuropas möglich sei – außer in Südtirol. Von allen Seiten hätte er deshalb noch mehr auf den Deckel bekommen. Kaum einer hätte innegehalten, um mit dem eigenen Kopf zu überlegen – einfach aufgestiegen auf einen fahrenden Zug, zu "faul", darüber nachzudenken, wohin die Reise wirklich geht. Tausendmal mit dem Finger auf ihn gezeigt und tausendmal ist nix passiert - doch jetzt schon. Nachdem der Bürgermeister von Mals, Ulrich Veith, bereits mit Urteil vom 14. März 2019 vor dem Rechnungshof freigesprochen wurde (die Staatsanwaltschaft am Rechnungshof forderte von Veith 24.000 Euro zurück, weil er die Volksbefragung hätte verhindern müssen und für die Volksbefragung in Mals Geld aus der Gemeindekasse unrechtmäßig verwendet haben soll), wurde nun im Berufungsgrad am Oberlandesgericht Trient - Außenstelle Bozen auch die Zivilklage der 141 Kläger gegen Fragner, die Gemeinde Mals und die Experten der Kommission für unzulässig erklärt. Also eine weitere Drehung der Justiz um 180 Grad. Das von den Beklagten angerufene Berufungsgericht ist der Ansicht, eine Volksabstimmung könnte per se nicht zu Nachteilen für irgendjemanden führen, denn es wäre erstmals nur ein Ergebnis, das die Gemeinde zwar anerkennen müsste, die Verordnungen könne sie aber unabhängig davon treffen. Außerdem wurde das Bozner Verwaltungsgericht zur Anfechtung der Gemeindeverordnung hinsichtlich der Umsetzung des Pestizid-Verbotes als Konsequenz auf die Volksabstimmung ja bekanntlich (Anm.d.R.: erfolgreich) angerufen. Und, wie das Oberlandesgericht im Urteil, welches vergangenen Samstag hinterlegt wurde, ausdrücklich bestätigte, das Promotorenkomitee hätte jedes Recht der Welt, in der Frage der Pestizide aktiv zu werden. Die Volksabstimmung sei bereits im Augenblick der positiven Beurteilung durch die externe Kommission gültig und rechtens gewesen. Wobei auch zu berücksichtigen sei, dass das Ergebnis der Volksabstimmung ohnehin nur drei Jahre gültig ist. Insbesondere wird aber im Urteil des Oberlandesgerichtes nun auch festgestellt: Das Ergebnis der Volksabstimmung hatte keinen unmittelbaren Einfluss auf die Rechtssphäre der einzelnen Bürger und die 141 Kläger hatten somit überhaupt kein "Rechtsschutzbedürfnis". Mit anderen Worten, die Grundeigentümer und Bauern hätten gar nicht erst klagen dürfen. Johannes Fragner-Unterpertinger hat inzwischen viel Zeit verloren, viel Gelassenheit und viel Geld. Das Oberlandesgericht hat die Rückvergütung der Verfahrensspesen beider Instanzen in Höhe von 12.150 Euro zuzüglich Nebenspesen verordnet, aber laut Fragner-Unterpertinger würde dies nur einen Teil der effektiven Kosten abdecken: den Rest müsste er auf seinem eigenen Buckel tragen – für eine Klage ohne Berechtigung. Von all dem unabhängig. Abgeschlossen ist das Zivilverfahren noch nicht. Allen Parteien des Rechtstreites steht noch das Recht zu die nun mehr erfolgte Entscheidung in zweiter Instanz vor dem Kassationsgerichtshof in Rom anfechten zu können.