Mit dem Satz "Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich" beginnt Tolstois Roman "Anna Karenina". Auch Francesco Durantes Ehe ist "auf ihre eigene Weise" unglücklich: Seine Frau finanziert ihre Spielleidenschaft mit dem Notverkauf seiner handschriftlich verfassten Werke, die er daraufhin aus dem Gedächtnis rekonstruieren muss. In Neapel bildet der "primo maestro" des Conservatorio di Santa Maria di Loreto im frühen 18. Jahrhundert den jungen Pergolesi aus. Lehrer und Schüler stehen mit ihrer Musik auf dem Programmzettel, wenn das von Vittorio Ghielmi geleitete Originalklang-Ensemble Il Suonar Parlante am 25. August in der Pfarrkirche St. Leonhard Barockhighlights mit Arvo Pärts meditativer musikalischer Entschleunigung kombiniert. Den Scheitelpunkt zwischen den Jahrhunderten bildet Bachs legendäre "Chromatische Phantasie". Das Stück "bleibe schön in alle saecula" prophezeit dessen ältester Sohn Wilhelm Friedemann und er sollte Recht behalten. Das Konzert der Reihe "mystica" des südtirol festival merano - meran beginnt um 20.30 Uhr.
Das Rezept für ansprechende Klangqualität steckt bei Il Suonar Parlante schon im Namen: Von Niccolò Paganini stammt die nahezu vergessene Spieltechnik des "sprechenden Klangs", die darauf abzielt, mit Instrumenten den Ausdruck menschlicher Rede zu imitieren. Im Jahr 2007 benannten Gambist Vittorio Ghielmi und die Sängerin Graciela Gibelli ihr neu gegründetes Orchester nach der wiederentdeckten kostbaren Spielpraxis. Ihr erstes Großprojekt: Die Uraufführung eines Bühnenstücks um Buxtehudes "Membra Jesu Nostri" bei der "Semana de Musica Religiosa de Cuenca" in Madrid. Seither setzt das Orchester in flexibler Formation und Besetzung frische Akzente im Originalklang-Repertoire mit regelmäßigen Gastauftritten bei bedeutenden Festivals wie den Salzburger Festspielen und in Konzertsälen wie der Berliner Philharmonie.
In seinen Konzertprogrammen und CD-Einspielungen begibt sich das Orchester auf die Suche nach ungewöhnlichen Blickwinkeln auf die Welt der Alten Musik. Dabei sprengt es nicht nur virtuos die Grenzen zwischen Komposition und Improvisation sondern begeistert die Zuhörer mit ungewöhnlichen Querverbindungen zwischen traditioneller Gebrauchsmusik und filigraner Kunstmusik der unterschiedlichsten Regionen. 2012 erschien die CD "Barbarian Beauty", die Konzerten für Gambe und Orchester von J.G. Grau, Telemann und Tartini gewidmet ist und mit dem moldauischen CimbalomVirtuosen Marcel Comendant aufgenommen wurde. Für ihr Album "The Passion of Musick" mit der Flötistin Dorothee Oberlinger wurde der Klangkörper 2015 mit dem ECHO Klassik für die beste Aufnahme des Jahres in der Kategorie Kammermusik des 17. und 18. Jahrhunderts ausgezeichnet.