Interview mit Lucie Hušková

Die Methoden Frauen und Kinder zu vernichten

Die in Tschechien geborene und in Meran lebende Schriftstellerin Lucie Hušková (49) liebt die dunklen Abgründe der Gesellschaft. Mit ihren "Noir-Rosa"-Gerichtsromanen, die stark auf Frauen fokussiert sind, beleuchtet die Autorin auf provokante Weise den skandalösen und unbekannten Modus Operandi mancher Betreiber staatlicher Institutionen, die sich mitunter für unsägliches Unglück der betroffenen Menschen mitverantwortlich machen. Leider sind Justizirrtümer eine italienische Realität, die hoffentlich bald ausgeforscht und behoben werden. Und obwohl ihre Romane zum Teil fiktive Handlungen und Ereignisse schildern, stehen die spannend erzählten Episoden und Fakten auf einem mehr als plausiblen Fundament, vor allem für die beteiligten Personen. Dank ihrer Erfahrung als Gerichtsdolmetscherin, Übersetzerin und Expertin für Physiognomie findet die Autorin in wahren Geschichten genügend Stoff, um darüber zu schreiben. Ihr neuester Roman, "La mangiatrice di sole" ("Die Sonnenfresserin"), befasst sich mit einem weiteren dunklen Kapitel: dem "Geschäft mit den Kindern" in Italien, in dem die italienische Justiz und das Pflegesystem eine ganz besondere Rolle spielen. Glücklicherweise hat ein Urteil des Obersten Kassationsgerichtshofs in Rom im vergangenen Jahr Licht in den Sachverhalt des "PAS" (der Eltern-Kind-Entfremdung, das als Syndrom nie anerkannt wurde) und seiner Anwendung bei Gerichten gebracht: Es ist daher zu hoffen, dass die Mechanismen dieses Geschäftes unterbunden und die damit verbundene Ruchlosigkeit den Opfern gegenüber entlarvt wird, vielleicht auch dank der Literatur. Aus diesem Grunde hat VOX NEWS Südtirol Lucie Hušková zu ihrem neuen Roman interviewt.

Die Schriftstellerin Lucie Hušková (Bildausschnitt rechts) veröffentlich in Kürze ihr neuen "Noir-Rosa"-Gerichtsroman "La mangiatrice di sole" ("Die Sonnenfresserin"). Credits: Privat

VOX NEWS Südtirol: Willkommen zurück, Lucie, wir freuen uns, von Ihnen und Ihren Erfolgen zu hören.

Lucie Hušková: ... (lächelt) Guten Tag und danke, dass Sie sich an mich erinnern. Mit dem Begriff „Erfolgen“ wäre ich vorsichtig: Die Heiratsvermittlung "Amore-Liebe-Love" hielten wir zum Beispiel für vielversprechend, mussten sie aber trotzdem schließen.

VNS: Ich weiß, das haben Sie erwähnt. Leider ereilte dieses Schicksal sehr viele, die während der Coronakrise bzw. der Covid-Pandemie ein Unternehmen begannen, und da sind sie mit diesem Schicksal auch nicht alleine. Hoffen wir, dass eine Regierung der wirklich Besseren kommt und die Situation rettet, aber hören wir auf zu scherzen und kehren wir zu uns zurück. Das mit der Agentur tut uns sehr leid, aber wir waren immer der Ansicht, dass Sie eine sehr gute Schriftstellerin sind und dass Sie sich dieser Aufgabe widmen sollten, und wir hatten Recht. Erzählen Sie uns doch die Neuigkeiten.

Lucie Hušková: Vielleicht sollte ich damit anfangen, dass ich als Schriftstellerin eine doch längere Pause eingelegt habe, ich habe die Bücher, die ich früher geschrieben habe, gar nicht mehr angeboten. Das Bedürfnis, weiterzumachen, entstand dadurch, dass unser Hund Ike krank wurde und mir klar wurde, dass es mir schwer fallen würde, jene Seiten zu überarbeiten, auf denen ich von ihm erzähle, wenn er sterben würde. So habe ich auch auf einen Roman zurückgegriffen, den ich bereits vor einigen Jahren geschrieben hatte, um den Kampf gegen das sogenannte PAS-Syndrom (Anm. d. R.: Parental Alienation Syndrome), also der  Eltern-Kind-Entfremdung, zu unterstützen, das ad hoc erfunden wurde, um die häusliche Gewalt, einschließlich der Pädophilie, zu vertuschen. Dies PAS-Syndrom ist stark mit dem Kinderhandel, den Gerichten und einem ganz bestimmten familiären Umfeld verbunden. Jene Personen, die sich hier bereichern, riefen bei mir Inspirationen hervor.

VNS: Zweifelsohne, das Thema hat es in sich und es ist auch ein sehr wichtiges Thema. Ohnehin schreiben Sie wichtige und mutige Bücher. Könnten Sie vielleicht erklären, was genau PAS ist?

Lucie Hušková: PAS ist die englische Abkürzung für Parental Alienation Syndrome. Heutzutage nennt man es auch anders, um es zu verschleiern. Glücklicherweise hat der Kassationsgerichtshof in Rom im vergangenen Jahr eine Klarstellung vorgenommen, so dass dieser Begriff aus offensichtlichen Gründen nicht mehr so leichtfertig verwendet werden kann. Im Buch erkläre ich, worum es geht, sowohl in Form von Dialogen zwischen den Protagonisten (Zoe und Larissa) als auch in Form von Noir-Passagen (Gedanken derjenigen, die im Roman das Böse verkörpern und die aus deren Sicht eher positiv wären).

VNS: Das ist sehr interessant. Wir haben den Text überflogen, bevor wir Sie eingeladen haben, und es muss gesagt werden, dass der Text stellenweise auch sehr poetisch ist, vor allem in den Beschreibungen Maltas und seiner Eigenschaften, romantisch in der Beschreibung des jungen moldawischen Mädchens und der Liebe, die zwischen ihr und dem jungen römischen Wächter entsteht, und auch die historischen Anspielungen auf die postkommunistische Zeit und die Folgen des Kommunismus in der Tschechischen Republik (Ihrer eigenen Heimat) sind durchaus sehr gültig und aktuell. Kurzum, es ist ein sehr komplexes Buch, dessen Genre sich nur schwer definieren lässt.

Lucie Hušková: Ich definiere es gerne als Pink Noir oder Woman's Fiction/Noir, aber vielleicht liege ich auch falsch, denn die Definition kann auch reduktiv sein, da es um zwei wichtige Themen geht, wie PAS und die Wilson-Krankheit. Liebesgeschichten sind dann immer ein Muss in jedem Frauenbuch, und was Malta betrifft, so muss ich hier ein wenig ausholen, auch wenn ich noch nicht weiß, wie es ausgehen wird. Ich habe eine sehr positive Bewertung von einem maltesischen Verleger erhalten, und da dieser am ehesten in der Lage ist, meine Beschreibung der Landschaften dort zu beurteilen, finde ich das sehr schmeichelhaft und in gewisser Weise romantisch.

VNS: Sehr gut, wir wünschen Ihnen alles Gute. Ein Erfolg ist Ihnen in Italien auf jeden Fall schon sicher: Der Roman ist bei „Capponi editore“ erschienen.

Lucie Hušková: Stimmt, man sieht, dass es sich bezahlt macht, Bücher dann vorzuschlagen, wenn die Unglücksstifter im Urlaub sind. Einige Tage nach der positiven Bestätigung aus Malta hatte ich ein ernsthaftes Telefongespräch mit dem Eigentümer des Verlags in den Marken Capponi Editore, Domenico Capponi, einem sehr schönen klassischen Verlagshaus, welcher schon ein paar Tage später mir bereits den Vertrag zuschickte.

VNS: Sehr gut. Wir habe die Website des Verlags gesehen. Diese ist wirklich schön gestaltet. So wünschen wir allen viel Glück mit dem Buch, und wir werden auch unsere Leser in Kürze auf den neuesten Stand bringen, denn der Roman sollte noch in diesem Herbst erscheinen, als tolle Idee für ein Weihnachtsgeschenk. Vielleicht werden wir auch mit Domenico Capponi und Andrea Mazzeo (einem Psychiater aus Apulien) sprechen, der das einleitende Vorwort geschrieben hat und der viel über dieses seltsame Syndrom weiß, mit dem Frauen und Kinder an den italienischen Gerichten regelrecht vernichtet wurden. Nochmals viel Glück und vielen Dank für das Interview.

Lucie Hušková: Vielen Dank und bis bald.

 

Informationen über die Buchautorin:

Lucie Hušková ist eine in der Tschechischen Republik geborene Schriftstellerin, Übersetzerin und Gerichtsdolmetscherin, die seit etwa 30 Jahren in Norditalien lebt. Sie absolvierte in Mailand die Dolmetscher- und Übersetzerschule "Scuola per Interpreti e Traduttori - Fondazione Milano" mit Russisch als Erstsprache und Englisch als Zweitsprache. Derzeit lebt sie in Südtirol, wo sie Russisch und Italienisch für Ausländer unterrichtet und mit ihrem Partner, einem Rechtsanwalt, in mehreren internationalen Fällen zusammenarbeitet. Sie schreibt auf Tschechisch und Italienisch und beschäftigt sich leidenschaftlich mit dem Profiling (Physiognomie) und dem Restyling von Möbeln im Shabby-Chic-Stil. Neben ihrem Eigennamen hat sie unter dem Pseudonym Klára Kučerová einen Gerichtsroman über einen berühmten Fußballkrimi geschrieben:

Anmerkung: Alle Bücher von Lucie Hušková wurden von tschechischen und italienischen Verlagen im Verlagsvertrieb veröffentlicht. Die Autorin wollte jedoch versuchen, verlagsunabhängig auf Amazon zu einem reduzierten Preis zu veröffentlichen: Es handelt sich um das Buch "Effetto Speziale" ("Spezialeffekt"), das zuvor unter dem Titel "Imperfette Sintonie" ("Unvollkommene Synthesen") veröffentlicht wurde und nicht mehr auf dem Markt erhältlich sein sollte.

Rezension der Redaktion:

"Ein verblüffendes Buch: interessant, tiefgründig, romantisch und spannend zugleich."

VOX News Südtirol / red