Machtspiele der SVP

Andreas Unterkircher von SVP aus Gemeinderat ausgeschlossen

In der Gemeinde Natz-Schabs gehen erneut die Wogen hoch. Der Hintergrund: Der Ausschluss von Andreas Unterkircher (Bürgerliste Natz-Schabs) durch die SVP-Mehrheit am Montag, 12 Oktober, bei der ersten Sitzung des neu gewählten Gemeinderates. Unterkircher, der bei der Gemeinderatswahl am 20. September für die Bürgerliste am meisten Stimmen erhielt, wurde ausgeschlossen, da die SVP-Mehrheit rund um Bürgermeister Alexander Überbacher von der Nichtwählbarkeit Unterkirchers überzeugt war. Falsch sagt Andreas Unterkircher, der sich auch durch ein unklares Rechtsgutachten der Landesverwaltung bestätigt sieht. Doch was in Natz-Schatz passiert ist, ist kein Einzelfall. Bereits zum dritten Mal würde die SVP besonders stark gewählte Bürgerlistler und Bürgerlistlerinnen aus dem Gemeinderat ausschließen. Unterkirchers Fazit: Die SVP in Natz-Schabs wollte eine kompetente Person mit sehr viel Erfahrung in der Gemeindeverwaltung gezielt verhindern und hat dies auch getan.

Links im Bild: Andreas Unterkircher, meistgewählter der Bürgerliste Natz-Schabs. Von der SVP-Mehrheit aus dem Gemeinderat geschmissen

Die politische Welt in Natz-Schabs ist übersichtlich. Da gibt es den großen Platzhirsch, die Südtiroler Volkspartei. Sie ist gleich mit drei Listen in der knapp 3.330 Einwohner zählenden Gemeinde vertreten: Der SVP Natz Raas Viums, der SVP-Liste Schabs und der SVP-Liste Aicha. Zu den SVP-Listen gesellen sich noch, das war auch schon 2015 so, zwei bürgerliche Listen: Die Bürgerliste Natz-Schabs und die Dörferliste. Im Gemeinderat sind insgesamt 15 Sitze inklusive dem Bürgermeisterstuhl zu vergeben. 5 Sitze inklusive Bürgermeisterstuhl hat die SVP Natz Raas Viums erhalten, jeweils 2 die anderen beiden SVP-Listen, zwei Sitze die Dörferliste und 3 Sitze gingen an die Bürgerliste Natz-Schabs.

Zudem mit 19,7 Prozent ist die Bürgerliste Natz-Schabs, nach der SVP-Liste Natz Raas Viums (41,3 Prozent), die meistgewählteste Liste in der Eisacktaler Gemeinde. Für die Bürgerliste in den Gemeinderat haben es Andreas Unterkircher (187 Vorzugsstimmen), Elisabeth Baumgartner (141) und der unterlegene Bürgermeisterkandidat der Liste, Franz Vitroler, geschafft.

Dass ausgerechnet Andreas Unterkircher, mit den meisten Stimmenlisten in den Gemeinderat gewählt wurde, war für die SVP-Mehrheit offensicht zu viel des Guten. Unterkircher, der 2015 für nur wenige Wochen für die Bürgerliste Bürgermeister war, kann ein Lied davon singen, wie es ist nicht nur ständig auf der Abschussliste der SVP zu stehen sondern auch mit allen Mitteln politisch verhindert zu werden.

Dabei war Unterkircher vor Jahren selbst einmal braver "Parteisoldat" der Volkspartei. "Ich war über Jahrzehnte Mitglied des Ortsausschusses Schabs und später Ortsobmann von Aicha. In beiden Fällen wurde ich gegangen. In Schabs stellte die damalige Ortsobfrau eine Unvereinbarkeit zwischen meiner Frau als Bürgermeisterin und meiner Zugehörigkeit im Ortsausschuss fest, und in Aicha hat mir der amtierende Bürgermeister die Funktion als Ortsobmann untersagt", brachte es der Mehrfachgeschasste 2015 in einem Interview mit der Neuen Südtiroler Tageszeitung auf den Punkt.

Dabei ist das Gehabe der SVP um Andreas Unterkircher eigentlich unverständlich. Unterkircher ist aufgrund seiner Berufserfahrung Experte im Bereich der Gemeindeverwaltung. Früh wechselte Unterkircher in die Gemeinde Natz-Schabs als Verwaltungsangestellter, wo er seit 2007 auch Stammrolleninhaber als Gemeindesekretär ist. 2008 dann das erste böse Erlebnis mit der Allmacht der SVP. Der amtierende Bürgermeister Peter Gasser erstattet Strafanzeige gegen Unterkircher. Unterkircher wird in Folge vom Dienst suspendiert. Dann 2012 vor Gericht voller Freispruch. Fakt ist: der Richter spricht Unterkircher von allen Beschuldigungen frei, dies mit der Höchstformel im italienischen Strafrecht: "Da der Beschuldigte die Taten nicht begangen hat". Damit stand auch fest: Die Beschuldigungen des SVP-Bürgermeisters gegenüber Unterkircher waren nicht nur ungerechtfertigt sondern auch die Strafanzeige künstlich konstruiert. 2015 dann der Showdown. Unterkircher wechselt zur Bürgerliste und tritt als Bürgermeisterkandidat an. Unterkircher gewinnt am 10. Mai 2015 mit 826 Stimmen die Wahl. Der Vorsprung zu seinem politischen Gegner, dem bisherigen Bürgermeister Peter Gasser, ist jedoch knapp. Gasser erhielt mit 821 Stimmen nur 5 Stimmen weniger als Unterkircher. 

Doch was nicht sein darf, darf nicht sein. Bereits im Juni 2015, also nur wenige Wochen später, verweigert die SVP-Mehrheit im Gemeinderat jede Zusammenarbeit mit dem Neo-Bürgermeister Unterkircher. Die Ausschussbildung scheitert. Es kommt im November 2015 zu Neuwahlen.

Mit der Gemeindratswahl am 20. September 2020 wurden die Karten in der Gemeinde Natz-Schabs erneut neu gemischt. Unterkircher hat es für die Bürgerliste Natz-Schabs erneut in den Gemeinderat geschafft. Doch die Allmacht im Natz-Schabser Rathaus bekommt Andreas Unterkircher immer noch deutlich zu spüren. Zu tief sind die Gräben, zu tief offensichtlich der blanke Hass der SVP-Mehrheit gegen den resistenten und unbeugsamen Oppositionsanführer in der eigenen Gemeinde. Am Montag, 12 Oktober wird Unterkircher bei der ersten Gemeinderatssitzung kurzerhand von der SVP-Fraktion aus dem Gemeinderat ausgeschlossen. Der Grund für den Ausschluss: Nichtwählbarkeit

Doch warum soll Unterkircher nicht für den Gemeinderat wählbar gewesen sein?

Wir erklären: Wie schon vermerkt ist Andreas Unterkircher seit 2007 Inhaber der Stammrollenstelle als Gemeindesekretär in Natz-Schabs. Gleichzeitig ist Unterkircher aber auch Landesvorsitzender der AGO, der Autonomen Gewerkschaftsorganisation örtlicher Körperschaften. Als Gewerkschaftsvertreter ist Unterkircher somit vom Dienst freigestellt bzw. genauergesagt im unbezahlten Wartestand. Auf der einen Seite ist somit Andreas Unterkircher vom Dienst freigestellter Gemeindesekretär der Gemeinde und auf der anderen Seite politisch gewählter Mandatar im Gemeinderat der selben Gemeinde. Ein Sachverhalt, der für die SVP-Fraktion unvereinbar war und ist. Und um dies zu untermauern, hat der bisherige und wiedergewählte SVP-Bürgermeister Alexander Überbacher sich sogar an das Aufsichtsamt der Landesverwaltung gewandt und ein Rechtsgutachten angefordert. 

Allerdings gibt es ein Problem mit diesem Gutachten oder besser gesagt, hat der amtierende Bürgermeister und seine "SVP-Kumpanen" ein entsprechendes Problem. Das Gutachten des Amtes für Aufsicht und Beratung der Autonomen Provinz Bozen kommt nämlich zu gar keinem klaren Ergebnis. Sogar der Gemeindesekretär von Natz-Schabs bestätigte öffentlich, dass das Rechtsgutachten nicht eindeutig sei, sagt Andreas Unterkircher. Und wie wenig die SVP in Natz-Schabs auch von Transparenz hält, zeigte allemal die Tatsache, dass das Gutachten den Gemeinderäten der Bürgerliste bei der betreffenden Gemeinderatssitzung noch nicht einmal ausgehändigt wurde. Erst am nächsten Tag, also nach der Abstimmung, konnten Mitglieder der Bürgerliste auf Anfrage das unklare Gutachten der Landesverwaltung einsehen. 

Sollte nicht auch hier der Grundsatz gelten: "Im Zweifel für den Angeklagten"

Nein, für die SVP war der Rausschmiss von Andreas Unterkircher aus dem Gemeinderat ganz offensichtlich ohnehin eine geplante Sache. Eben: Was nicht sein darf, darf nicht sein. Andreas Unterkircher blieb somit nichts anderes übrig, als die Nichtanerkennung seines Gemeinderatsmandates zur Kenntnis zu nehmen.

"Die SVP-Mehrheit schließt mich aus! Bei der ersten Sitzung des neu gewählten Gemeinderates von Natz-Schabs hat mich die SVP-Mehrheit wegen angeblicher Nichtwählbarkeit aus dem Gemeinderat ausgeschlossen. Nach Meinung der SVP-Mehrheit würde ich in einem Angestelltenverhältnis zur Gemeinde stehen. Dass dies im Sinne meiner Freistellung nicht zutrifft, konnte auch ein eigens vom Bürgermeister angefordertes Rechtsgutachten der Landesverwaltung nicht widerlegen. Mit den Stimmen der SVP-Mehrheit wurde trotzdem der Rausschmiss genehmigt", kommentiert Unterkircher das Geschehene. "Leider kann ich jetzt nicht mehr direkt mein Wissen und meine Erfahrung für die Bevölkerung im Gemeinderat einbringen - für all jene, die Hilfe und Unterstützung benötigen, bin ich aber weiterhin wie immer erreichbar. Herzlichen Dank noch für das große Vertrauen und die Unterstützung, welche ich bei der Gemeindewahl in allen Fraktionen der Gemeinde erhalten habe", schließt Unterkircher auch dieses weitere Kapitel in seiner wechselvollen politischen Karriere.

Dennoch ergibt sich für Unterkircher ein Fazit aus der ganzen Sache. Nämlich, dass sich nach jeder Wahl in Natz-Schabs, so Unterkircher, sich in den Reihen der SVP-Mehrheit ein suspektes Schauspiel beobachten ließe. Konkret: "Die SVP schließt besonders stark gewählte Bürgerlistler und Bürgerlistlerinnen aus dem Gemeinderat aus, nun bereits zum dritten Mal." So hätte bereits der Verfassungsgerichtshof in Rom mit Urteil Nr.209/2010 zweifelsfrei bestätigt, dass ein Ausschluss aufgrund einer gesetzeswidrigen Einmischung der Gemeinde Natz-Schabs in ein Gerichtsverfahren nicht gerechtfertigt war. Und angesichts des nahezu gleichen Sachverhaltes steht für Andreas Unterkircher einmal mehr fest, dass erneut und auch bei dieser Wahl der Wählerwille bewusst von der SVP-Allmacht missachtet wird. Tatsache sei, so Unterkircher, dass nun außerordentlich viele verärgerte Stimmen die Bürgerliste über den Ausschluss Unterkirchers und über die Ausgrenzungsmethoden der politischen Mehrheit erreichen würde.

Außerdem würde, so Andreas Unterholzer, mit dem Ausgang der Ratssitzung vom 12. Oktober einmal mehr verdeutlicht, dass die SVP eine kompetente Person mit sehr viel Erfahrung in der Gemeindeverwaltung gezielt verhindern wollte. Aber nicht nur das: Unterkircher wertet den nun erfolgten Rausschmiss auch als Racheakt gegenüber ihn für ein vor Jahren verlorenes Gerichtsverfahren, welches dem Steuerzahler bereits über 760.000 Euro gekostet hat.

Somit wird für die Bürgerliste Natz-Schabs nun ein anderes Listenmitglied in den Natz-Schabser-Gemeinderat einziehen. Hauptsache Andreas Unterkircher ist draußen. Denn, was nicht sein darf, darf eben nicht sein.

VOX News Südtirol / ts