Am Mittwoch, 1. April 2020 nimmt die Cusanus-Akademie im Herzen der Bischofsstadt ihren Betrieb nach 18 Monaten der Schließung und des Umbaus wieder auf. Als Architekt Matteo Scagnol 2017 den Planungswettbewerb gewann, hat er die Losung ausgegeben, mit wenig viel zu tun. Seinem Team gelang es, überflüssige Elemente zu vermeiden, die Räume zu vergrößern und den Komfort zu verbessern, sie feuerfest und für Menschen mit besonderen Bedürfnissen zugänglich zu machen. Die Cusanus-Akademie basiere auf zwei grundlegenden Konzepten, betont Matteo Scagnol: „Sie ist reich an Räumen und arm an verwendeten Materialien.“ Das sei nur scheinbar ein Widerspruch. Die zeitlose, klassische Architektur drücke ein erhabenes Gefühl von Vollständigkeit und Richtigkeit aus.
Es war nicht einfach, die fast 60 Jahre alte, berühmte wie wegweisende Architektur des Visionärs Othmar Barth (1927–2010) auf ihre Stärken zu reduzieren und durch den Umbau in die neue Zeit zu führen. Die Cusanus-Akademie ist ein Beispiel des Funktionalismus, eines Baustils, der in den 1960er-Jahren weit verbreitet war. Das Gebäude ist kunsthistorisch wertvoll und steht deshalb zu Recht unter Denkmalschutz, betont Projektsteurer Arch. Josef March. Oberstes Ziel bei der Planung und Ausführung der Arbeiten sei es daher gewesen, die notwendigen baulichen Eingriffe der Architektur von Othmar Barth klar unterzuordnen.
Während in der Bauzeit in den 1960er-Jahren eine sehr rudimentäre Haustechnik genügte, sind die heute erforderlichen Anlagen vielfältig und komplex. Die Heizungs-, Lüftungs-, Sanitär- und Elektronlagen mussten gänzlich erneuert, die Brandschutzbestimmungen eingehalten werden. „Diese Anlagen mussten so eingebaut werden, dass die typischen Bauelemente des Funktionalismus wie das Sichtziegelmauerwerk und der Sichtbeton überall unverändert erhalten blieben“, sagt Josef March. Darüber hinaus sei an der Baustruktur selbst vieles zu restaurieren gewesen. Hinter dem wunderbar gefügten Mauerwerk verbarg sich an vielen Stellen eine auf Sparsamkeit bedachte und technisch oft unzulängliche Baukultur.
Geometer Andrea Nardi von Carron Bau erklärt: „Alle Räume sind jetzt mit komfortablen Heiz-, Kühl- und Klimaanlagen, Brandschutzsystemen, Notfall-Evakuierung und Beleuchtung, FM-Elektrosystemen, Audio-Video-Systemen in allen Konferenz- und Seminarräumen, mit TV-System in den Gästezimmern und Internet ausgestattet.“ Die oberen Stockwerke des Gebäudes wurden heller und die Außenanlagen mit Grünflächen, gut getrennten Fußgänger- und Fahrzeugwegen und Parkplätzen neu gestaltet. Die drei Gebäude schließen sich um den funktionellen und großzügigen Innenhof. Der Bauleiter von Carron Bau betont: „Die heutige Cusanus-Akademie ist das Ergebnis der engagierten Zusammenarbeit eines großen Teams motivierter Menschen. Zu Spitzenzeiten befanden sich rund 150 Arbeiter am Bau. „Sie haben keine Mühen gescheut, um die hoch gesteckten Ziele gemeinsam zu erreichen.“ Die Cusanus-Akademie sei zu einem Ort geworden, wo Menschen sich gerne treffen und bleiben werden, ist Andrea Nardi überzeugt.
Unter Barths Gebäude wurden ein neues Treppenhaus und eine unterirdische Halle gebaut. Damit sind jetzt alle Räume des Untergeschosses und jene des Paul-Norz-Hauses intern mit dem Haupthaus verbunden. Mit der unterirdischen Erweiterung unter dem Innenhof wurden zusätzliche Seminarräume sowie neue Sanitär- und Technikräume geschaffen. Matteo Scagnol erinnert sich genau an jene herausfordernden Wochen des Baus: „Im Körper des Gebäudes wurde eine riesige Wunde geöffnet – einer chirurgischen Operation ähnlich, um ein lebenswichtiges Organ zu ersetzen.“ Aber diese Operation habe nicht einen Tag, sondern mehrere Monate gedauert. Die Anspannung und Besorgnis waren groß. „Der Patient atmet wieder. Es geht ihm besser als zuvor“, sagt Matteo Scagnol heute erleichtert. Er schätze die Präzision des Baus, den Sinn für Geometrie, die Details, die nie zufällig und auch nie komplex oder zu raffiniert seien. „Vor allem aber schätze ich, dass dieser Bau wie jeder Mensch Fehler hat und nicht perfekt ist.“ Genau in diesem Zustand überzeuge die Architektur mit einem unglaublichen Pathos – beispielsweise, wenn sie im Zusammenspiel mit der Sonne das Stahlbetongewölbe des Festsaals wie ein Bildhauer forme.
Bischof Ivo Muser sagte bei der Baubegehung: „Wir sind alle auf dem Weg und auf der Suche.“ Mit Veranstaltungen und Bildungsangeboten in den Bereichen Glaube.Spiritualität, Gesellschaft.Dialog, Leben.Gesundheit und Beruf.Ausbildung wolle das gänzlich erneuerte diözesane Bildungshaus kritische Auseinandersetzung ermöglichen, den Menschen Wegweiser sein und ihnen Orientierung in ihrem Glaubens- und Alltagsleben geben. Voll Freude erklärte der Bischof, dass die Cusanus-Akademie Europa gewidmet sei und die Veranstaltungssäle die Namen der Patroninnen und Patrone Europas bekommen. Die Europäische Union basiere mit ihrer weitgehenden Stabilität und Sicherheit, ihrem Wohlstand und Frieden auf christlich-humanistischen Werten. Es sei notwendig, sich für dieses Europa stark zu machen, betonte der Bischof.
Patrizia Major Schwienbacher bedankte sich als Bauherrin für die gelungene und stets lösungsorientierte Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. Nur das Zusammenspiel aller habe den reibungslosen Abschluss des Baus in Rekordzeit ermöglicht. Sie verwies auf die Potentiale der neuen Räume für die Bildung und auf das neue Cusanus.Café, das nicht nur für die Cusanus-Akademie, sondern für die ganze Stadt Brixen eine Bereicherung sei.
Das gesamte Bauvolumen der Cusanus-Akademie betrug knapp über 21.000 Kubikmeter. Sechs Siebtel davon betrafen bestehende Kubatur, die saniert oder umgebaut wurde. Ein Siebtel wurde unterirdisch neu angelegt. Die Gesamtkosten der Bauarbeiten belaufen sich inklusive Mehrwertsteuer auf 12 Millionen Euro, die Einrichtung auf 2,4 Millionen Euro.
Die Bauzeit samt Planung ging über dreieinhalb Jahre: Von November 2016 bis Mitte 2017 wurde der Planungswettbewerb abgewickelt. Die Zeit von Juli 2017 bis Juli 2018 nahm die Planung in Anspruch. Nach einer kurzen Ausschreibungsphase begannen verschiedene Baulose im September 2018. Die Bauarbeiten wurden von Dezember 2018 bis Dezember 2019 in zwölf Monaten durchgeführt. Für die Montage der Einrichtung benötigen die neun Firmen von Jänner bis Mitte März dieses Jahres.
Am 25. April 2020 wird die Cusanus-Akademie um 10 Uhr bei einem Festakt offiziell eröffnet.