Gründung der SVP vor 75 Jahren

Was wäre die SVP ohne Erich Amonn?

Foto gibt es keines. Dabei war der 8. Mai 1945 ein denkwürdiger Tag: In der Villa Malfèr in Gries wurde die Südtiroler Volkspartei gegründet. Es war der Tag der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reichs, an einem Dienstag, als auf Einladung von Erich Amonn zwei Dutzend Männerzur Parteigründung zusammentrafen. Als Parteiobmann stand Amonn bis 1948 an der Spitze des Ringens um Selbstbestimmung und Autonomie für Südtirol. Ein umfassendes Porträt der Historiker Hans Heiss und Stefan Lechner zeichnet Leben und Wirken in einem Buch nach, das bei Edition Raetia erschienen ist.

Foto von Erich Amonn mit Cover des Buches

Das Sitzungsprotokoll liegt zwar nicht vor, nach den Erinnerungen des Protokollführers verlief die Versammlung in de r Villa Malfèr in Gries , also am Sitz der französischen Delegation, die Gastrecht und gleichzeitig Schutz gewährte , folgendermaßen: "Amonn ergriff als Erster das Wort, dankte den Erschienenen für ihr einsatzbereites Kommen. [ ... ] Er rechnete scharf mit der Vergangenheit ab, appellierte aber gleichzeitig an die Zusammengehörigkeit und die Notgemeinschaft aller Südtiroler, die von nun an in einer Sammelpartei ihren Ausdruck finden müssten." Damit war nicht nur jene Partei geboren, die seit 1945 die Geschicke des Südtirols bestimmt, sondern auch der Mythos der "Sammelpartei" als ethnoregionale Partei, in der sich entgegen aller gesellschaftlichen Interessenskonflikte alle versammeln, um gegenüber der italienischen Zentralregierung mit einer Stimme sprechen zu können.

Möglich war die Gründung nur durch die antinazistische Haltung Erich Amonns. Er war "Dableiber" und zwischen 1943 bis 1945 im Widerstand tätig. Und er war es auch , der in Verhandlung mit den Alliierten die Gründung der Partei durchsetzte und zum ersten Obmann gewählt wurde. Er war es , der in führender Position für eine Selbstbestimmung Südtirols, dann aber für die Annahme des Autonomiestatuts von 1948 eintrat. Amonns liberale und um Ausgleich bemühte Position wurde von den Hardlinern innerhalb der Südtiroler Volkspartei kritisiert, was letztlich zu seiner Entmachtung führte. Das Porträt der Historiker Hans Heiss und Stefan Lechner weist den Bozner Kaufmann und Politikers jedoch als eine der prägnantesten Südtiroler Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts aus.

Erich Amonn wurde 1896 in Bozen als Sohn des Kaufmanns Emil Amonn und seiner Frau Josefine Dalle Aste geboren . Bereits 1913 verstarb der Vater, sodass Erich nach seinem Studium der Handelswissenschaften in Leipzig und dem Militärdienst während des Ersten Weltkrieges 1924 zusammen mit seinem Bruder Walther die Geschäftsführung des Unternehmens übernahm. Sein Leben umfasst drei Epochen europäischer Geschichte: In Kindheit und Jugend erfuhr er gut 22 Jahre lang die späte Habsburgermonarchie und deren Zerfall im Ersten Weltkrieg; nach dem Übergang Südtirols an Italien 1918/19 erlebte er 21 Jahre faschistischer und 21 Monate nationalsozialistischer Herrschaft; darauf folgte schließlich ein Vierteljahrhundert Demokratie, die sich im Staat Italien wie in Südtirol schrittweise festigte.

Nach 1945 nahm er mit die Herausforderungen in Unternehmen und Politik an. Als Mitbegründer der SVP stellte er grundlegende Weichen für die Reorganisation der Südtiroler und den Aufbau einer Autonomie. In seiner politischen Haltung trotz großer Verdienste umstritten, geriet er um 1960 ins politische Abseits und nach seinem Tod 1970 in öffentliche Vergessenheit. So blieben auch die Worte von SVP-Obmann und Landeshauptmann Silvius Magnago kurz nach Amonns Tod weitgehend folgenlos: "Der Name Erich Amonn steht unauslöschlich in der Geschichte der Südtiroler Volkspartei und in der Geschichte Südtirols und in unseren Herzen werden wir ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren."

VOX News Südtirol / nb