Stadtplanung Meran

Grüne Fraktion: "Wo bleibt das Gemeinwohl?"

Die kommissarische Verwaltung Merans habe dieser Tage die neue Bauordnung beschlossen - trotz klar negativem Gutachten der eigenen städtischen Baukommission. An der Vorlage der Bauordnung, ausgearbeitet vom Land, habe es bereits reichlich und parteiübergreifend Kritik gegeben. Warum die neue Bauordnung ein Rückschritt von Meran ist, analysiere Madeleine Rohrer, scheidende Urbanistik-Stadträtin, in einer Aussendung an die Presse. 

"Die Verantwortung für das normative Chaos und die städtebaulichen Rückschritte liege bei der Landesregierung, insbesondere bei den für Klimaschutz und Raumordnung zuständigen SVP-Landesräten", so Madeleine Rohrer.

Auch die kommissarische Verwaltung Merans müsse sich der Schwächen und dem Rückschritt durch die vom Land gewollten Regeln bewusst gewesen sein, denn man habe per Beschluss eine eigene interne Arbeitsgruppe einberufen mit dem Auftrag Änderungsvorschläge zu erarbeiten. Nun könne man den Kommissaren vorwerfen, dass sie nicht alle Artikel der guten, alten Bauordnung genehmigt hätten, die schon einmal von demokratisch legitimierten Gemeinderäten in den letzten Jahrzehnten beschlossen wurden. Wie es zum Beispiel Brixen vorgemacht habe. Es sei daher offensichtlich, dass eine Gemeinde ohne politische Führung den Konflikt mit dem Land scheue und deshalb die vom Land gewollte Musterbauordnung genehmige. 

 

Die Verantwortung für das normative Chaos und die städtebaulichen Rückschritte liege bei der Landesregierung, insbesondere bei den für Klimaschutz und Raumordnung zuständigen SVP-Landesräten. Sie beschneide die Autonomie der lokalen Verwaltungen und verhindern gleichzeitig, dass Meran und andere Gemeinden im Klimaschutz ambitioniert seien und eine enkeltaugliche Stadtplanung betreiben. Das habe auch konkrete Auswirkungen auf die Meranerinnen und Meraner. Einige Beispiele: 

 

"In Meran mussten bisher Stiegenhäuser in einem geschlossenen Raum sein. Das spart Energie und damit Heizkosten. Außerdem dringt kein Regen und kein Wind und damit auch kein Schmutz ins Stiegenhaus. In der neuen vom Land gewollten Bauordnung fehlt die entsprechende Bestimmung. Da es für Bauunternehmer lukrativer ist Aufgänge nicht zu schließen, werden die Häuser, die in den nächsten Monaten und vielleicht darüber hinaus gebaut werden, wieder Geld aus dem Stiegenhaus hinausblasen und Kälte hineinlassen", so Rohrer. 

 

Die bisherige Meraner Bauordnung sehe zweitens vor, dass Neubauten mit einem eigenen Gemeinschaftsraum für Kinderwagen und Fahrräder ausgestattet sind und zwar im Erdgeschoss, barrierefrei erreichbar, mit dem Stiegenhaus verbunden und von gleicher Qualität, wie das restliche Gebäude. Das Land sage nun: es reiche auch eine einfache Fläche zum Abstellen. Wer schon einmal einen Kinderwagen auch nur über ein paar Treppen gehievt habe, spät nachts sein Rad in einer einsamen Tiefgarage abgestellt habe oder ein trendiges E-Bike fahre, das daheim einen Stromanschluss braucht, wisse um die Wichtigkeit solcher Abstellräume.

 

"Die neue Bauordnung nimmt drittens den Kindern Platz. Wer in Meran ein Haus mit mehr als fünf Wohnungen errichtet, musste bisher einen Teil der freien Fläche (15 Prozent) als Kinderspielplatz einrichten. Damit bekommen alle Kinder im Haus einen Platz zum Spielen im Freien, auch jene, die in den oberen Stockwerken wohnen und keinen eigenen Garten haben. Die neue vom Land gewollte Bauordnung sagt selbst nichts zu Kinderspielplätzen und verweist auf ein Dekret des Landeshauptmanns. Dort heißt es: Es braucht Spielplätze erst für Anlagen ab 10 Wohnungen und nur für Zonen mit Durchführungsplan. Hatte bisher jedes größere Mehrfamilienhaus in Meran einen eigenen Spielplatz, gibt es in Zukunft weniger Platz für unsere Kinder. Denn Zonen mit Durchführungsplan machen nur rund 20 Prozent des Stadtgebiets aus", so Rohrer weiter. 

 

Das Land verunmögliche also klima- und enkeltaugliche Gemeinden, mache mit einem Akt die Meraner Bauordnung zunichte, die in 15 Jahren herangereift sei. Schließlich setzte es auch die Qualität der öffentlichen Bauten aufs Spiel. Bisher haben in Meran alle öffentlichen Bauvorhaben wie Straßen, Plätze, Schulen, der Baukommission zur Begutachtung vorgelegt werden müssen. Ab sofort sei dem nicht mehr so. In Meran stünden einige große Vorhaben im öffentlichen Interesse an, zum Beispiel die Kavernengarage, das Pflegeheim neben dem Krankenhaus oder das neue Schulzentrum in Untermais. All diese Projekte bräuchten kein Gutachten, keine Verbesserungsvorschläge der unabhängigen Experten mehr. Auch der Gestaltungsbeirat bleibe außen vor.

 

Südtirol, das Klimaland und der begehrteste Lebensraum Europas sein wolle, habe mit der neuen Bauordnung gerade bewiesen, dass es keine Strategie für Nachhaltig habe.

 

VOX News Südtirol / nb