Keine gute Nachrichten für die 48jährige tschechische Staatsbürgerin Jana Šurkalová. Die italienische Gerichtsbarkeit sieht es als erwiesen an, dass sie am 13. Dezember 2013 ihren Ehemann, Josef Šurkala (46), einen in Leifers beschäftigten landwirtschaftlichen Arbeiter, mit einer tödlichen Dosis Methanol vergiftet hat. Laut Gericht mischte sie ein Fensterputzmittel in den Alkohol, den der Mann trank. Am 15. September 2017 wurde Šurkalová vom Schwurgericht am Landesgericht Bozen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das erstinstanzliche Urteil wurde am 4. Februar 2019 vom Schwurgericht zweiter Instanz, angesiedelt beim Oberlandesgericht Trient - Außenabteilung Bozen, bestätigt.
Šurkalová, die bis zum Schluss jede Schuld von sich wies, profitierte bis jetzt von den von der italienischen Gerichtsbarkeit aufgrund des Rechtes zur Unschuldsvermutung (Art. 27 der italienischen Verfassung) geltenden Freiheitsrechte und blieb auf freiem Fuß. Das dürfte sich nun mit der am Dienstag dieser Woche erfolgten Abweisung der Kassationsbeschwerde Šurkalovás vor dem obersten italienischen Gerichtshof in Rom ändern. Der Kassationsgerichtshof hat mit der Abweisung der Beschwerde die vorhergehenden Urteile bestätigt. Das in Italien geführte Gerichtsverfahren ist nun abgeschlossen, das Urteil in zweiter Instanz, welches 2019 die Mordvorwürfe bestätigt hatte, rechtskräftig.
Einen Tag später, am 5. Mai 2021, hat der leitende Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Bozen, Giancarlo Bramante, welcher in erster Instanz auch vor dem Schwurgericht die Anklage vertreten hat, die Vollstreckungsverordung zur Verhaftung von Jana Šurkalová erlassen. Die Verordnung, welche der Redaktion von VOX NEWS Südtirol vorliegt, sieht vor, dass Jana Šurkalová verhaftet wird und an das dem Ort ihrer Verhaftung nächst gelegene Gefängnis gebracht wird. Außerdem sollen neben der Vollstreckung der lebenslangen Haftstrafe auch die Nebenstrafen umgesetzt werden. Dazu gehören das immerwährende Verbot zur Ausübung eines öffentlichen Amtes, der Verfall der elterlichen Sorgerechte und während der Haftstrafe die Entmündigung kraft Gesetzes.
Šurkalová, die selbst keine Bindungen zu Südtirol oder Italien hat, weder die deutsche noch die italienische Sprache spricht und 2013 ihren in Leifers beschäftigen Ehemann eigentlich nur besuchte, lebt in einer kleineren Ortschaft der Tschechischen Republik und ist Mutter von mehreren Kindern. 2019 hat sie gegenüber unserer Redaktion Zweifel an einem fairen Verfahren geäußert. Zum einen sei der Prozess ausschließlich auf Indizien der Staatsanwaltschaft geführt worden ohne jedwede konkrete Beweise für die Tatvorwürfe und zum anderen hätte es erhebliche Probleme bei der Übersetzung von Šurkalovás Aussagen und Erklärungen vor dem Schwurgericht in Bozen gegeben. So wurde unter anderem zur Übersetzung der tschechischen Sprache vor Gericht ein Dolmetscher eingesetzt, der für Übersetzungen der kroatischen Sprache und nicht der tschechischen Sprache qualifiziert sei. Außerdem zeigte sich Šurkalová unserer Redaktion gegenüber darüber entsetzt, dass sie in Italien wegen vorsätzlichen Mordes verurteilt worden sei.
Wie geht es nun weiter?
Da sich Jana Šurkalová anzunehmender Weise nicht in Italien sondern in ihrer tschechischen Heimat aufhält, müssen die italienischen Behörden bei den tschechischen Gerichts- und Polizeibehörden über internationale Rechtshilfe die Verhaftung und die Auslieferung nach Italien beantragen und veranlassen. Nachdem Jana Šurkalová tschechische Staatsbürgerin ist wird sie nach ihrer Verhaftung von der Tschechischen Republik nicht sofort an Italien ausgeliefert sondern ein tschechisches Gericht wird den Fall prüfen. Und selbst wenn das tschechische Gericht den in Italien rechtskräftig bestätigten Mordvorwurf anerkennen würde, ist nicht gesagt, dass Jana Šurkalová effektiv auch an Italien ausgeliefert werden würde. Grund dafür ist, dass es im Strafgesetz der Tschechischen Republik eine lebenslange Freiheitsstrafe nicht in identischer Form, wie in Italien, gibt. Was bisher nur ein rein inneritalienischer Fall war, wird spätestens seit der jetzt von Staatsanwalt Bramante erlassenen Vollstreckungsanordnung zu einem internationalen und neben italienischen Strafverteidigern treten nun auch tschechische Anwälte auf den Plan. Auch an einen letzten Strohhalm kann sich die 48jährige Tschechin klammern. Jetzt wo das innerstaatliche Strafverfahren in Italien abgeschlossen ist, bleibt ihr noch die Möglichkeit sich in Straßburg an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu wenden.