EWCS – das Akronym steht für "European Working Conditions Survey" und bezeichnet die europaweite Erhebung über die Arbeitsbedingungen von Eurofound – der europäischen Stiftung zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen mit Sitz in Dublin. In Ergänzung zu den bundes-/staatsweiten EWCS-Erhebungen, die aufgrund der geringen Zahl an Interviews für die drei Länder der Europaregion nicht repräsentativ und damit wenig aussagekräftig sind, führt die Euregio auf Eigeninitiative eine repräsentative Erhebung aller Erwerbstätigen (Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Freiberufler) auf ihrem Gebiet durch. Es handelt sich um die erste grenzübergreifende Initiative mit regionalem Charakter in diesem Bereich in ganz Europa.
Die Auswertungen lassen wissenschaftlich fundierte Rückschlüsse auf alle in der Europaregion wichtigen Branchen zu (u.a. Landwirtschaft, verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe, Handel, Gastgewerbe, öffentlicher Sektor). "Die Euregio-Erhebung zur Arbeitsplatzqualität ermöglicht durch die perfekte internationale und euroregionale Vergleichbarkeit zahlreiche wissenschaftlich fundierte Rückschlüsse auf standortrelevante Faktoren, für welche die Arbeitsplatzqualität ausschlaggebend ist", sagt AFI-Direktor Stefan Perini.
Inhaltlich dreht sich die Studie um das Erleben und Verhalten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern an ihrer Arbeitsstelle: "Wie steht es um psychische und körperliche Belastungen? Wie ist das Betriebsklima? Wieviel Gestaltungsspielraum haben die Beschäftigten? Sind die Arbeitsbedingungen zufriedenstellend – und wie kommen die Beschäftigten mit ihrem Lohn bzw. Verdienst über die Runden?", fasst der Arbeitspsychologe und AFI-Forschungsmitarbeiter Tobias Hölbling die Kernthemen zusammen. Diese Faktoren werden in Zukunft immer wichtiger, um als Wirtschafts- und Arbeitsstandort attraktiv zu bleiben. In Südtirol werden von Mai bis Juli 2021 insgesamt 1.500 Personen telefonisch zu ihrer Jobqualität befragt.
Das Projekt wurde im Regierungsprogramm zur Tiroler Euregio-Präsidentschaft 2019-2021 als Schwerpunktprojekt verankert. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen eines gemeinsamen Projekts des EVTZ Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino mit den drei Partnern Arbeiterkammer (AK) Tirol, Arbeitsförderungsinstitut Südtirol (AFI) und Arbeitsagentur (Agenzia del lavoro) Trentino. Die Ergebnisse der Erhebung werden im Fünfjahreszeitraum 2021-2025 von den drei Partnerorganisationen nach und nach in Form von Forschungsberichten veröffentlicht. Zusätzlich soll jeweils einmal im Jahr ein spannender Aspekt herausgegriffen werden und mit Sachverständigen aus Verwaltung, Gesellschaft und Wissenschaft sowie den Sozialpartnern und den politischen Entscheidungsträger/innen diskutiert werden. Die Auftakttagung findet am 24. November 2021 in Innsbruck statt.
Weitere Informationen um Projekt und zur Telefonumfrage unter www.euregio.info/ewcs
Nähere Informationen spezifisch für Südtirol erteilen AFI-Direktor Stefan Perini (T. 349 833 40 65, stefan.perini@afi-ipl.org) und Arbeitspsychologe und AFI-Forschungsmitarbeiter Tobias Hölbling (T. 0471 41 88 42, tobias.hoelbling@afi-ipl.org)
"Während es an quantitativen Arbeitsmarktindikatoren nicht mangelt, weiß man noch relativ wenig über die Qualität der Arbeitsbedingungen. Mit dieser breit angelegten Umfrage zu den Arbeitsbedingungen in der Euregio schließen wir somit eine bedeutende Wissenslücke. Speziell als Gewerkschaften haben wir es tagtäglich mit den Schwierigkeiten am Arbeitsplatz zu tun. Es geht um zu hohe Belastungen, zwischenmenschliche Konflikte, Streit um die Entlohnung oder das Einhalten von Verträgen. Die Euregio-Studie hilft uns genauer zu verstehen, ob wir es mit Einzelfällen zu tun haben oder ob diese Teil eines breiteren Problems sind - auch im Vergleich mit anderen Realitäten."