Seit 21. April können Einzelunternehmen, Personen- oder Kapitalgesellschaften sowie Selbstständige Anträge um einen Zuschuss für Umsatzverluste aufgrund des COVID-19-Notstandes stellen. Voraussetzungen für den Erhalt des Zuschusses: 1. Die Aufnahme der Tätigkeit muss vor dem 23. Februar 2020 erfolgt sein. 2. Ein besteuerbares Einkommen aus der letzten eingereichten Steuererklärung von maximal 50.000 Euro bei Einzelunternehmen und Selbstständigen, oder von 85.000 Euro bei Gesellschaften mit mehr als einem Gesellschafter und Familienunternehmen. 3. Ein Umsatz von mindestens 10.000 Euro im letzten verfügbaren Geschäftsjahr. 4. Im Jahr 2019 maximal fünf Mitarbeiter/-innen in Vollzeit beschäftigt.
Je nach Anzahl der im Kleinunternehmen beschäftigten Personen werden 3.000 bis 10.000 Euro von der Landesverwaltung als Zuschüsse ausbezahlt. Wie Manuela Defant, die Direktorin der Landesabteilung Wirtschaft gegenüber VOX NEWS Südtirol bestätigt, haben bis zum heutigen Tage insgesamt rund 11.100 Kleinunternehmen in Südtirol von der Möglichkeit eines Covid-19-Zuschusses Gebrauch gemacht und ein entsprechendes Gesuch eingereicht. Die Anzahl der Antragssteller kann aber noch steigen, da die Zuschüsse bis zum 30. September 2020 eingereicht werden können. Die Covid-19 Zuschüsse an Kleinunternehmen und Selbstständige wurden von der Südtiroler Landesregierung Ende März eingerichtet, nachdem extremer Druck seitens der betroffenen Unternehmen aber auch verschiedener Oppositionspolitiker auf die Mitglieder der Landesregierung ausgeübt wurde. Die Landesbeiträge folgen im Prinzip den Covid-19-Soforthilfen, welche insbesondere die Deutsche Regierung über die Bundesländer Kleinunternehmen zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen aus der Corona-Krise ausbezahlt. Dies natürlich in Südtirol mit wesentlichen kleineren Beitragsmargen. In Deutschland konnten Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten (Vollzeitäquivalenz) einen einmaligen Zuschuss von bis zu 9.000 Euro beantragen. Für Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten (Vollzeitäquivalenz) gab es einen einmaligen Zuschuss von bis zu 15.000 Euro. Und – das ist aber auch der entscheidende Punkt – nach erfolgter erfolgreicher Abgabe des Antrags wurden die Zuschüsse innerhalb von 3 bis 5 Arbeitstagen auf die Konten der Antragssteller überwiesen.
In Südtirol ist man von solchen Verhältnissen einer unbürokratischen und schnellen Hilfe für die Kleinunternehmen weit weg. Die Zuschüsse, welche von Mitgliedern der Südtiroler Landesregierung als Soforthilfe angepriesen wurden, verdienen das Wort "sofort" nicht. Wie Manuela Defant unserer Nachrichtenredaktion gegenüber bestätigt, wurden von den derzeit insgesamt 11.100 Anträgen auf Zuschuss gerade mal erst 1.600 Gesuche ausbezahlt. Mit anderen Worten 9.500 Südtiroler Einzelunternehmen, Personen- oder Kapitalgesellschaften sowie Selbstständige warten immer noch auf eine Auszahlung des Zuschusses. Das Ganze ist aber schon vor zwei Wochen passiert. Seither ist aufgrund technischer Probleme mit dem System das gesamte Auszahlungsverfahren ins Stocken geraten.
"Natürlich würden auch wir gerne Gelder, die heute beantragt worden sind, morgen ausbezahlen. Das ist aber leider nicht möglich", rechtfertigt sich die Leiterin der Landesabteilung Wirtschaft Manuela Defant. Um das Antrags- und Auszahlungsverfahren zu beschleunigen wurde von der Landesverwaltung über den E-Government-Service des Landes "myCIVIS" eine entsprechende elektronische Antragsmöglichkeit geschaffen. Der Antragsteller benötigt eine SPID-Identität (Anm. d. R. zertifizierte digitale Identität) und muss zunächst in einem ersten Schritt das Vertretungsrecht für sein Unternehmen erwerben.
"Wir haben versucht das Formular für den Antragsteller so einfach wie möglich zu gestalten. Der Antragssteller muss eigentlich nur einige Dinge erklären. Wenn alle Erklärungen erfolgt sind und das Gesuch erfolgreich abgeschickt worden ist, ist der Antragsteller für die Auszahlung des Zuschusses vorgemerkt. Die Gesuche werden zum Großteil automatisch verwaltet", erklärt Manuela Defant weiters.
Sie fügt aber auch hinzu, dass es in jeder öffentlichen Verwaltung einige Abläufe gibt, die von Amtswegen durchgegangen werden müssen. "Wir brauchen einfach diese Zeit. Vor allem weil das System neu aufgebaut worden ist und es auch ein paar kleine technische Schwierigkeiten gibt, auf die wir erst beim Arbeiten mit dem System draufgekommen sind. Diese Probleme haben wir lösen müssen", so die Abteilungsdirektorin.
Wie lange müssen aber 9.500 Südtiroler Kleinunternehmer (Einzelunternehmen, Personen- oder Kapitalgesellschaften sowie Selbstständige) noch auf die Covid-19-Hilfszuschüsse noch warten?
"Wir reden derzeit von vier Wochen Wartezeit ab der Abgabe des Antrages. Am Anfang haben wir die Gesuche innerhalb von drei Wochen ausbezahlt. Jetzt sind wir einen kleinen Moment später dran, weil eben ein technisches Problem dazwischengekommen ist, und diese drei Arbeitstage in der aktuellen Woche mit den Juni-Feiertagen uns auch nicht wirklich hilfreich sind. Soweit die Größenordnung", erklärt Manuela Defant.
Zumindest ist nun klar, dass alle Antragsteller, die erfolgreich ihren Antrag abschicken konnten mit der Auszahlung des Zuschusses auch rechnen können.
"In der Tat", bestätigt Manuela Defant, "die Gesuche sind so aufgebaut, dass wer die Gesuche abschicken konnte, also alle vom Programm vorgebegeben Anforderungen erfüllt hat, auch weiß, dass das Gesuch auf Zuschuss angenommen worden ist. Es besteht somit nicht die Gefahr, dass das Gesuch nicht angenommen worden ist, denn wenn der Antragsteller alle Erklärungen korrekt macht, erklärt er auch damit die Voraussetzungen für die Auszahlung des Beitrages zu haben. Es geht somit wirklich nur darum zu warten bis das Geld auf den Konto ist", versichert die Leiterin der Landesabteilung Wirtschaft. "Seit wenigen Tagen kommt auch die Mitteilung, wenn die Auszahlung beantragt worden ist, so dass der Unternehmer weiß, dass das Geld auf das Konto des Antragstellers überwiesen wird", fügt die Abteilungsleiterin hinzu.
Und wie viele Anträge werden täglich ausbezahlt?
"Am Tag werden zwischen 300 und 400 Gesuche gewährt und ausbezahlt. Wir versuchen aber schneller zu werden, indem wir größere Pakete machen", versichert die leitende Beamtin in der Südtiroler Landesverwaltung.
Tatsache ist jedoch, dass der Redaktion von VOX NEWS Südtirol zahlreiche Antragssteller bekannt sind, die auch noch nach vier Wochen keine Überweisung dieser von Mitgliedern der Südtiroler Landesregierung versprochenen und zugesagten Hilfsgelder erhalten haben. VOX NEWS Südtirol sind gar nicht wenige Fälle bekannt, die aufgrund des politisch verordneten Verdienstausfalles bereits in den ersten Wochen des Lockdowns einen Verdienstausfall erlitten haben und mit ihrem Unternehmen nun am Rande ihrer Existenz stehen.
Auch ist dieser Redaktion völlig unverständlich, wie Landeshauptmann Arno Kompatscher eine positive Bilanz seiner Maßnahmen bzw. jener der Landesregierung ziehen kann und heute (05.06.2020) in einer Presseaussendung des Landes, welche auch VOX NEWS Südtirol veröffentlicht hat, angibt, dass die Landesregierung im Schulterschluss mit den Banken "schnell für Liquidität gesorgt hat".
Vonseiten der Banken heißt es dann (ebenso) in der Pressemitteilung des Landes:
"Auch die Vertreter der lokalen Banken in Südtirol sind überzeugt, damit dem Ziel des Abkommens gerecht geworden zu sein. 'Wir haben schnell und unbürokratisch auf die Covid-19-Krise reagiert', teilen sie dem Landeshauptmann mit. In einem Schulterschluss von Land Südtirol und Banken seien die verschiedenen Maßnahmen ergriffen worden. 'So haben die Banken dazu beigetragen, dass Familien und Unternehmen kurzfristig die nötige Liquidität zur Verfügung hatten. Diese Maßnahme hat sehr kurzfristig zu einer deutlichen Entlastung der Unternehmen und zu Sicherheit und Planbarkeit beigetragen', heißt es in dem Schreiben der Banken."
Was nicht gesagt wird, ist, erstens wie vielen Südtirolern und Südtiroler Familien die Banken diese Kredite verweigert haben und zweitens ist zu sagen, dass die Verschuldung von arbeitenden Menschen, Arbeitern und Familien wohl kaum als Lösung aus der Krise betrachtet werden kann.
Im Artikel 38 Abs. 1 und 2) der italienischen Verfassung ist Folgendes vorgesehen:
Art. 38. Jeder arbeitsunfähige Staatsbürger, dem die zum Leben erforderlichen Mittel fehlen, hat Anspruch auf Unterhalt und Fürsorge. Die Arbeiter haben Anspruch auf Bereitstellung und Gewährleistung der ihren Lebenserfordernissen angemessenen Mittel bei Unfällen, Krankheit, Arbeitsunfähigkeit und Alter sowie bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit.
In dieser Verfassung steht somit keinesfalls geschrieben, dass die unfreiwillig arbeitslos gewordenen Arbeiter bzw. Staatsbürger "das Recht" haben sich mit Bankkrediten, die auch wenn zinsgünstig und zu 90 Prozent garantiert, zu verschulden. Mit "Anspruch auf Unterhalt und Fürsorge" (…) "der ihren Lebenserfordernissen angemessenen Mittel", meinen die Väter der italienischen Verfassung folglich mit Sicherheit etwas anderes.
Eben beispielsweise, dass Einzelunternehmen, Personen- oder Kapitalgesellschaften sowie Selbstständige bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit vom Staat, vom Land schnell und unbürokratisch eine Hilfe erfahren.
Offensichtlich ist das aber in Südtirol – im Unterschied zu Deutschland, wo die Zuschüsse innerhalb von 3 bis 5 Tagen ausbezahlt wurden – nicht möglich.
Schnell und unbürokratisch geht in einer öffentlichen Verwaltung nicht.
Manuela Defant, bestätigt dass für eine öffentliche Verwaltung schnell und unbürokratisch nie so einfach sein kann, wie für einen Privaten. "Nachdem ein Ansuchen eingeht kann nicht sofort eine Banküberweisung gemacht werden. Das Gesuch muss in einer bestimmten Form abgespeichert werden, der Antrag muss in X Datenbanken eingegeben werden, damit der Staat die Übersicht hat über die Beiträge, die gewährt worden sind und um auch die Kontrolle zu haben, zum Beispiel auf EU-Ebene, damit seitens der öffentlichen Verwaltung der Rahmen nicht gesprengt werden kann“, sagt die Abteilungsleiterin.
"Die Daten müssen so ins System eingegeben werden, dass sie jederzeit veröffentlicht werden können, in allen Formen, die vorgesehen sind. Auch müssen die Daten, welche vom Unternehmen kommen, abgeglichen werden mit den Daten der Handelskammer und auch mit dem Buchhaltungsprogramm der Landesverwaltung. Dies deshalb, weil natürlich ein Unternehmer nur einmal einen Antrag stellen kann. Zudem gibt es Fälle, wo die eingegeben Informationen mit dem Datenabgleich der Verwaltung nicht stimmen. Ein konkretes Beispiel hierfür ist, wenn ein Unternehmen einen Antrag stellt mit einer Lehrstelle und bei der Handelskammer die Lehrstelle jedoch nicht vermerkt ist … diese Sachen müssen alle übereinstimmen und sie müssen korrigiert werden, damit sie übereinstimmen", erklärt Manuela Defant.
"Auch muss ein Beitragsdekret zur Beitragsgewährung gemacht werden. Und diese Maßnahme, die dann offiziell sagt 'dieser Beitrag steht Dir zu', muss registriert werden. Erst anschließend kann die Verwaltung die Daten in anderen Datenbanken bestätigen und die Auszahlung des Zuschusses beantragen. Diese Auszahlung muss zudem von der Buchhaltung kontrolliert werden und zum Schluss sagt die Buchhaltung dem Schatzmeister 'OK, jetzt darfst Du zahlen'", sagt die Abteilungsleiterin der Wirtschaftsabteilung des Landes. "Wenn folglich all diese ganzen Schritte der Reihe gemacht werden, dann vergehen eben die Tage", ergänzt Manuela Defant ihre Erläuertungen.
Womit verstanden werden kann, dass die von Mitgliedern der Landesregierung versprochenen Zuschüsse doch nicht einfach nur so schnurstracks per Knopfdruck von den Antragstellern abgeschickt und automatisch zur Auszahlung angenommen werden. Tatsache ist, dass ein bestimmter, wenn auch in reduzierter Form organisierter Datenabgleich, erfolgt. Es müssen eventuelle unzulässige doppelte Gesuche aussortiert werden und alle Daten mit vorhandenen Daten aus anderen Datenbanken stimmig sein. Tatsache ist, dass 9.500 Antragsteller die Zuschüsse noch nicht erhalten haben. Rufen die Leute im Amt an und erkunden sich diese nach den Beiträgen?
Manuela Defant bestätigt, dass sehr viele besorgte Antragsteller im Amt anrufen. "Mein Eindruck ist jedoch, wenn man mit den Leuten spricht und die Sachen erklärt, dann akzeptieren die Leute die Situation. Von 100 Gesprächen die wir alle führen sind vielleicht 5 Personen darunter, die verärgert oder ungeduldig sind."
Wenn dem so ist, geduldige und ausdauernde Südtiroler kann man dazu nur sagen.
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