Freude in Welsberg und Sexten

Carabinieri geben Pfarreien vor 10 Jahren geraubte Kunstgüter zurück

Die neapolitanische Carabinieri-Sondereinheit für Kulturgüterschutz (Carabinieri per la Tutela del Patrimonio Culturale) hat kürzlich den Pfarreien in Welsberg und Sexten sakrale Kunstgegenstände zurückerstattet, welche 2009 und 2010 von einer süditalienischen Diebesbande aus Kirchen entwendet worden waren. Die Rückerstattung erfolgte im Rahmen der Carabinieri-Operation "FourFour", bei welcher die Kunstfahnder zwischen Dieben, Hehlern, Händlern und Käufern 29 Personen ausforschten, die mit den geraubten sakralen Gegenständen illegalen Handel betrieben. Die geraubten Südtiroler Kunstgegenstände wurden aufgrund von Bildern wiedererkannt, welche sich in der Datenbank der in Neapel ansässigen Carabinieri-Einheit befinden.

Im Bild die Welsberger Pfarrkirche zur hl. Margareth und (rechts) Carabinieri-Major Giampaolo Brasili von der Sondereinheit für Kulturgüterschutz. Kleine Bildausschnitte links: Zwei der nun rückerstatteten geraubten sakralen Kunstgegenstände

Neapel im Zentrum des illegalen Kunsthandels

Im 13. Jahrhundert strotzte Neapel geradezu von Gold, Emaille, Silber und wertvollen Gemmen. Die Stadt am Fuße des Vesuvs war das pulsierende Herz der Kunst- und Kulturwelt sowie Knotenpunkt zwischen den Regionen nördlich der Alpen und dem Mittelmeer. Die Hauptstadt Kampaniens war eine der prosperierenden und reichsten Städte Europas im "Goldenen Zeitalter", deren tausendjährige Geschichte, die hinsichtlich der Verflechtung von Reichtum, Glaube und Wissenschaft ihresgleichen sucht, bis heute im Zentrum von zahlreichen Ausstellungen steht.

In jener Zeit ist Neapel zum unvergleichlichen Herstellungsort von Reliquien, Gemälden, Statuen, und Wertobjekten jeglicher Art, aber auch zum Herstellungsort von Objekten mit religiöser Bedeutung sowie von Glaubenssymbolen geworden. Ein Erbe, dessen Wirkung auch heute noch im Gebiet Kampaniens spürbar ist. Eine Reliquie ist nicht ausschließlich ein schönes Objekt, sondern es manifestiert auch ein profundes Glaubensbekenntnis, das sich durch die Nähe zu den sterblichen Überresten des Heiligen nährt. Wenn der Gläubige seinen Blick dem gemalten Antlitz des Heiligen zuwendet, glaubt er, vor dem lebendigen Heiligen zu stehen, so wie die ersten Christen glaubten, eine Ikone repräsentiere das Angesicht des Heiligen. Wenn nun ein solches Kultobjekt aus einer Kirche gestohlen wird, entsteht ein unschätzbarer Schaden für die Rolle und die Bedeutung, die dieses Gut innerhalb der Gemeinschaft innehat.

Kunstfahnder der Carabinieri-Sondereinheit für Kulturgüterschutz von Neapel haben unter der Leitung der neapolitanischen Staatsanwaltschaft einen kriminellen Ring aufgespürt, der für den Diebstahl von Kunstgegenständen und Artefakten aus Kultorten und Kirchen in ganz Italien verantwortlich ist. Das logistische Zentrum dieser kriminellen Organisation lag in Kampanien.

So hat, wenige Tage nach dem Blutwunder von Januarius in der dem Heiligen geweihten Schatzkapelle in Neapel, die Carabinieri-Sondereinheit für Kulturgüterschutz der kampanischen Hauptstadt an einer wichtigen Feierlichkeit in Welsberg teilgenommen, bei der es um die Rückerstattung von zwei Reliquien und zwei Bildnissen ging. Zur Freude der Gläubigen der Pfarrgemeinde wurden am 29. September 2020, um 18 Uhr, vom Kommandanten der Carabinieri-Einheit für Kulturgüterschutz, Major Giampaolo Brasili, dem Pfarrer Paul Schwienbacher von der Pfarrei zur hl. Margareth in Welsberg zwei mit Gold beschichtete Reliquien von 116 cm Höhe zurückerstattet, die vor zehn Jahren, am 27. Dezember 2010, gestohlen worden waren.

Gleichzeitig hat Major Giampaolo Brasili ebenfalls zwei in Holz geschnitzte Bildnisse, in Anwesenheit des Bürgermeister von Sexten, Fritz Egarter, an den Sextner Pfarrer Andreas Seehauser übergeben. Die Bildnisse wurden am 26. Dezember 2009 in der St.-Josef-Kirche in Moos, Sexten, gestohlen.

Über ein sehr komplexes Ermittlungsverfahren konnten die Kunstfahnder der Carabinieri letztlich 29 Personen ermitteln, von denen vier Diebe den Coup organisierten. Aufgrund der vier Kunsträuber, die im Mittelpunkt der kriminellen Organisation standen, erhielt die Carabinieri-Aktion auch den Operationsnamen "FourFour". Bei den verbleibenden 25 Personen handelt es sich um Hehler und Käufer der Kultgegenstände. Die kriminelle Bande, die sehr aktiv war, ist für insgesamt 55 Diebstähle verantwortlich, wobei viele dieser Diebstähle ein glückliches Ende genommen haben und die gestohlenen Objekte ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückgegeben werden konnten, wie beispielsweise der Schatz der Pfarre von San Donato in Acerna bei Salerno und anderen geraubten sakralen Kulturgüter in ganz Italien; in Potenza, Matera und Occhiobello, um nur einige wenige zu nennen. Es handelte sich um Diebe ohne Skrupel, die sich nach kurzer Rücksprache mit den Hehlern ohne zu zögern auch anderen Verbrechen, wie Raubüberfällen oder die Entführung älterer Menschen, widmeten.

Der Vergleich der Bilder der bei der Diebesbande beschlagnahmten Objekte mit Bildern von diesen Objekten, die sich in der von den Carabinieri-Beamten der Sondereinheit für Kulturgüterschutz geführten "Datenbank für illegal entwendete Kunstgüter" befinden, war dabei von fundamentaler Bedeutung, da sie es ermöglichte die aus den Kirchen geraubten Kunstwerke einwandfrei zu identifizieren.

VOX News Südtirol / nb / ts