Die Arbeit glich für Wirtschaftsprüfer und Arbeitsrechtsberater während und nach dem Lockdown einem Spießrutenlauf: Während rund um die Uhr gearbeitet wurde, um Arbeitnehmern die ihnen zustehenden Gelder der Sonderlohnausgleichskassen zu garantieren, musste man sich mit Bergen an Bürokratie und komplizierten Rechtsnormen auseinandersetzen. Darüber informieren sie nun in einer aktuellen Presseaussendung. Zum Beispiel gibt es rund zwanzig verschiedene Arten von Lohnausgleichskassen mit eigenen Regeln und Vorschriften. Außerdem konnten die ersten Anfragen für den Sonderlohnausgleich erst Ende April eingereicht werden.
"Es herrscht aufgrund einer widersprüchlichen und verworrenen Norm gerade totales Chaos. Es gibt 26 verschiedene Arten von Anfragen für die Lohnausgleichskassen und dabei steht die Fehlerquote unter zwei Prozent. Wir bewirken gerade Wunder", moniert der Präsident der Kammer der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Claudio Zago.
Auch die Arbeitsrechtsberater weisen darauf hin, dass die Bearbeitung der Gesuche rund um den außerordentlichen Lohnausgleich am meisten Probleme bereitet. Vor allem sei das Prozedere langsam und sperrig: "Die Gesuche werden von den Arbeitsrechtsberatern eingereicht, die aber erst nach der Autorisierung vonseiten des CIG auch das Modell SR41 senden dürfen, das zur direkten Bezahlung der Arbeitnehmer im Lohnausgleich verwendet wird. Zunächst konnte das INPS den Zahlungen schnell nachkommen, aber nun häufen sich Verspätungen bei der Bearbeitung der Gesuche, was auf die Bürger zurückfällt", erklärt Loris De Bernardo, Präsident der Berufskammer der Arbeitsrechtsberater Bozen. Besonders betroffen ist das Handwerk, wo Verspätungen besonders oft auftreten. Die dafür zuständige Bilaterale Körperschaft für das Handwerk FSBA hat bisher nur im März vollständig ausbezahlt, im April nur die Hälfte und im Mai noch gar nichts, da die dafür nötigen Mittel vom Staat noch nicht überwiesen wurden.
Dazu gesellen sich Probleme mit der Technik: Täglich müssen sich Wirtschaftsprüfer und Arbeitsrechtsberater mit Störungen auf der Website des INPS herumschlagen. Am 10. Juli zum Beispiel war es einen ganzen Tag nicht möglich, auf die Seite zuzugreifen. Des Öfteren kann mit der Seite nicht gearbeitet werden oder das System stürzt ab, nachdem die Gesuche eingetragen wurden. "Wir müssen uns jeden Tag mit einer immer lästiger werdenden Bürokratie auseinandersetzen, die das ganze Land ausbremst. Außerdem sehen wir uns konstant Problemen bei den öffentlichen Körperschaften ausgesetzt, da dort, als wären die gesetzlichen Vorgaben nicht schon chaotisch genug, diese Vorgaben nochmal neu interpretiert werden und so nur noch mehr Unsicherheit geschürt wird", so die scharfe Kritik von De Bernardo.
Umso grotesker lässt das Ganze das letzte Beispiel dysfunktionaler bürokratischer Prozesse im Falle von Südtirol erscheinen: "Zahlreiche Arbeitnehmer haben darauf hingewiesen, dass das Geld der Lohnausgleichskassa nicht auf ihr Konto überwiesen werden kann – obwohl das zuständige Institut im Besitz des IBAN ist und schon in den Monaten zuvor Leistungen auf das gleiche Konto ausbezahlt hat. Somit müssen die Überweisungen über die italienische Post mit einer Zahlungsanweisung erfolgen", führt Zago weiter aus. Das ist für den Arbeitnehmer sehr umständlich, da er persönlich in einer Postfiliale erscheinen muss (mit den ganzen Einschränkungen, die aufgrund von Covid-19 eingehalten werden müssen) und eigens ein Girokonto bei der Post für Summen, die 1.000 Euro übersteigen, eröffnen muss, was wiederum zusätzliche Kosten bedeutet.